74 Die Organisation. Die Landstände. 8 21
gleich viele Stimmen gefallen, so entscheidet erforderlichenfalls das Los darüber,
welche zwei Kandidaten ohne Rücksicht auf die Zahl der ihnen zugefallenen
Stimmen zum zweiten Wahlgang zuzulassen sind. Im zweiten Wahlgang, in
welchem diejenigen Stimmen, die auf einen nicht zugelassenen Kandidaten lauten,
ungültig sind, entscheidet die relative Mehrheit und bei Stimmengleichheit
das Los ½.
Der Gewählte hat sich über die Annahme der Wahl innerhalb einer Frist
von acht Tagen zu erklären. Annahme unter Protest oder Vorbehalt sowie das
Ausbleiben der Erklärung gilt als Ablehnung der Wahl 2).
Lehnt der Gewählte ab, so ist sofort von dem Ministerium des Innern eine
Nachwahl zu veranlassen. Gleiches gilt, wenn eine Wahl durch die Kammer
für ungültig erklärt ist, oder wenn für ausgeschiedene Mitglieder während des
Laufes der Landtagsperiode Ersatzwahlen nötig werden 3).
V. Sämtliche Abgeordnete der zweiten Kammer werden in Zeiträumen von
vier Jahren neu gewählt (Landtagsperiode). Die periodische Wahl findet gleich-
zeitig für sämtliche Abgeordnete an einem vom Großherzog zu bestimmenden
Tage statt.
VI. Die Eigenschaft als Abgeordneter erlischt, wenn seit dem Tage der
periodischen Neuwahl vier Jahre umflossen sind").
Besondere Vorschriften über die Mandatsdauer gelten für die nach einer
Landtagsauflösung neu gewählten Abgeordneten (s. unten §# 25).
Ein vorzeitiger Verlust der genannten Eigenschaft tritt, vom Falle der Land-
tagsauflösung abgesehen, dann ein, wenn die Voraussetzungen der Wählbarkeit
nachträglich 5) wegfallen, wenn der Abgeordnete auf seine Mitgliedschaft im Land-
tage Verzicht leistet, wenn er ein besoldetes Staatsamt annimmt, oder im
Staatsdienst in ein Amt eintritt, mit welchem ein höherer Rang oder ein höherer
Gehalt verbunden ist 9).
Ein Verlust der Mitgliedschaft in der zweiten Kammer tritt auch für diejenigen
Abgeordneten ein, die durch Gesetz in die erste Kammer berufen werden ?).
Für die Form des Verzichtes und seine Rechtswirkung gilt das gleiche, was
oben bei Besprechung der Zusammensetzung der ersten Kammer bemerkt worden,
ebenso bezüglich der Dauer des Mandates eines im Wege der Ersatzwahl in die
zweite Kammer berufenen Mitgliedes s).
1) 667 Abs. 3, § 68 des Ges.
2) § 69 des Ges. Der Gewählte ist daher durch den Wahlkommissär von der auf ihn gefallenen
Wahl in Kenntnis zu setzen und zur Abgabe der fragl. Erklärung aufzufordern. § 69 Abs. 1 des Ges.
3) § 70 des Ges. Die Nach= und Ersatzwahlen finden auf derselben Grundlage statt wie die
Vorwahlen, außer wenn die nachträgliche Wahl erst nach Ablauf eines Jahres nach den allgemeinen
Wahlen vorgenommen wird.
4) Verf. Urk. § 37.
5) Damit ist eine für das Reichsrecht noch nicht förmlich ausgetragene Frage für Baden ent-
schieden.
6) Verf. Urk. § 40 a vgl. oben S. 69.
7) Die Vorschrift des § 32b Abs. 1 Verf. Urk. gilt für sie nicht. In Betracht kommt dagegen der
Satz, daß niemand beiden Kammern zugleich angehören kann sowie der Umstand, daß die genannten
ersonnen Mitglieder der I. Kammer sein müssen: „die erste Kaummer besteht aus. . .“. Verf.-
rk. § 27.
8) Verf. Urk. F 39.