§ 26 Die formellen Voraussetzungen der Tätigkeit der Landstände. 87
nach erfolgter Schließung wieder einberufene Versammlung stellt sich als ein neuer
Landtag dar, der einer neuen Konstituierung bedarf und seine Arbeiten wieder von
vorne anfangen muß. Das Recht des Monarchen zur Schließung des Landtages ist,
sofern das für die betreffende Sitzungsperiode fällige Finanzgesetz beschlossen ist, an
Beschränkungen nicht geknüpft 1).
3. Der Monarch kann die Ständeversammlung auflösen. Die Auflösung
hat die Folge, daß alle für diese eine Landtagsperiode gewählten oder ernannten
Ständeglieder ihre Mitgliedschaft verlieren 2). Erhalten bleiben nur die Mandate
der nach § 31 Ziff. 1 Verf.-Urk. ernannten beiden richterlichen Mitglieder der ersten
Kammer ); ebenso werden die zur erblichen Landstandschaft oder die kraft ihrer
Amssstellung zur Mitgliedschaft in der ersten Kammer berufenen Personen durch eine
Auflösung in ihrer Rechtsstellung nicht berührt. Dagegen erlischt, weil die Auflösung
die ganze Landtagsperiode und damit auch die begonnene Sitzungsperiode des §& 79
Abs. 1 Verf.-Urk. abschließt, das Mandat der gemäß § 28 Abs. 4 Verf.-Urk. berufenen
Stellvertreter von erblich Berechtigten.
Die Auflösung der Stände kann zu jeder Zeit ausgesprochen werden, eventuell
schon vor deren Zusammentreten, ebenso nach erfolgter Vertagung oder Schließung;
mitrder Auflösung erlischt auch das Mandat des etwa bestellten ständischen Ausschusses).
Ein Schutzmittel gegenüber dem unbeschränkten Auflösungsrechte bietet die Vor-
schrift des § 44 Verf.-Urk., wonach für den Fall, daß die Auflösung erfolgt, ehe der
Gegenstand der Beratung erschöpft ist, längstens innerhalb drei Monaten eine Neu-
wahl stattzufinden hat. Zu einer Einberufung der dann gewählten neuen Stände-
versammlung ist die Regierung aber nur verpflichtet, wenn dies die Vorschriften der
88 46 und 54 der Verf.-Urk. nötig machen, und die im § 62 Verf.-Urk. für die Weiter-
erhebung der Abgaben nach Ablauf ihrer Verwilligungszeit gesteckte Frist von sechs
Monaten verstrichen ist.
Die Mandatsdauer des nach der Auflösung neu einberufenen Landtages berechnet
sich, falls die Auflösung vor dem Abschluß des Finanzgesetzes erfolgt war, der Art,
wie wenn die Wahl beim Beginn derjenigen Sitzungsperiode stattgefunden hätte,
in welcher der letzte Landtag aufgelöst wurde. Ist die Auflösung nach der Beschluß-
fassung über das Finanzgesetz erfolgt, so wird der Rest der noch nicht abgelaufenen
Sitzungsperiode der vierjährigen Landtagsperiode des neuen Landtages zugeschlagen.
Auch im Falle der Auflösung soll die Neuwahl aller zur zweiten Kammer gehö-
1) Die von Glockner a. a. O. S. 114 aufgestellte Behauptung, daß das bad. Recht nur eine
Bertagung und Auflösung der Landstände, aber im Gegensatz zur ersteren keine Schließung kenne,
ist unzutreffend; vgl. Verf. Urk. &§ 65, 75 u. 67 d, welch letztere Bestimmung die Vertagung und
Schließung ausdrücklich nebeneinander erwähnt. Dem steht auch der Inhalt des § 79 Abs. 1 Verf. Urk.
nicht entgegen, welcher die Landtagsperiode in zwei gleiche „Sitzungsperioden“ von je zwei Jahren
einteilt. Das letztere Wort hat hier nicht die sonst übliche Bedeutung, den Zeitraum zwischen der
Eröffnung und der Schließung bezw. Auflösung der Stände zu bezeichnen, den auch z. B. Z Pr O.
58 904, 905 im Auge hat, sondern es will, abgesehen von der Bedeutung für § 28 Abs. 4 nur dem
bereits durch die §# 46 u. 51 Verf. Urk. festgelegten Grundsatz von neuem Anerkennung verschaffen,
daß alle zwei Jahre ein neuer Landtag zusammentreten muß. Deshalb erstrecken sich auch die durch
die Reichsgesetzgebung den Ständegliedern für die Dauer einer Sitzungsperiode gewährten Vor-
züge nicht auf die ganze im §& 79 Abs. 1 bezeichnete Zeit, sondern nur auf die Dauer einer Session.
2) Verf. Urk. #§ 42, 43.
3) Verf. Urk. § 32.
4) Verf. Urk. & 51 Abs. 2.