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teilung der Last auf die den Staat bildende Gesamt-
heit der Bürger betrachtet werden. Bedenkt man dies, so erkennt
man alsbald, daß es, wenn nicht überhaupt unmöglich, so doch äußerst un-
billig wäre, wenn der Staat den gesamten Kriegsschaden ersetzen müßte.
Diese AUnbilligkeit und Anmöglichkeit ist nach den Napoleonischen Kriegen
in der preußischen Gesetzgebung auch hervorgehoben worden:t). Es ist
vielleicht nicht ganz zwecklos — gerade weil die obige allgemeine Begrün-
dung im Volk so leicht Wurzeln fassen kann, sich einmal an einem Schema
vorzustellen, zu welchen Anbilligkeiten die Tragung des gesamten Kriegs-
schadens durch den Staat führen würde.
Nehmen wir, um ein ganz einfaches Beispiel zu geben, an, ein Schade
von 40 000 Mark habe eine Gemeinschaft von acht Personen getroffen.
Das Gesamtvermögen dieser acht Personen betrage 250 000 Mark mit
folgenden Anteilen:
Gruppe 1 eine Person mit 100 000 Mark,
Gruppe 2 zwei Personen mit je 50 000 Mark,
Gruppe 3 fünf Personen mit je 10 000 Mark.
Der Schade von 40 000 Mark soll die einzelnen Gruppen verschieden stark
betroffen haben, Gruppe 1 mit 20, Gruppe 2 mit 15 und Gruppe 3 mit
10 vom Hundert.
Es sollen nun die 40 000 Mark Schaden jedem einzelnen Geschädigten
voll ersetzt werden: aus der Kasse der Gemeinschaft! Um den hierfür
erforderlichen Betrag aufzubringen, müssen aber die einzelnen Gesellschafter
Beiträge leisten. Als der einfachste und angemessenste Maßstab der Am-
legung bietet sich natürlich das Verhältnis der Anteile an dem Gesamt-
vermögen dar, es wäre also Gruppe 1 mit 40, Gruppe 2 mit 40 und.
Gruppe 3 mit 20 vom Hundert beteiligt.
Gruppe Zahl der Mitglieder Einzelner Ver- Einzelner Einzelne Zahlung
der Gruppe mögensanteil Schade
J 1 100 000 20 000 16 000
II 2 50 000 7500 8000
III 5 10 000 1000 1600
Der erste Gesellschafter, der den größten Vermögensanteil und den
größten Schaden erlitten hätte, würde 4000 Mark herausbekommen. Die
anderen Gruppen hätten nicht nur nichts zu erhalten, sondern noch zuzu-
zahlen. Gruppe II je 500 und Gruppe III je 600 Mark.
1) Edikt vom 3. 6. 1814. GS. 1814, 49.