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zusehen und nur in Pausch und Bogen — zusammen mit den sonstigen Ent-
schädigungsforderungen zu berechnen.)
Gegenüber den Feinden kommt nun aber nicht nur der Ersatz in barem
Gelde in Betracht, wenn er auch die am meisten zu erstrebende Form der
Schadloshaltung darstellt. Es gibt auch andere Mittel, und deren Erörte-
rung ist um so wichtiger, je weniger eine bare Kriegsentschädigung aus-
reichen sollte, den gesamten Schaden Deutschlands und seiner Verbündeten
zu decken.
Der Frankfurter Friede2) hat im Artikel 12 bestimmt, daß die ausge-
wiesenen Deutschen im vollen Genusse ihres in Frankreich erworbenen
Eigentums bleiben sollen, und nach Artikel 15 sollten die Vorschriften,
welche Rechtsverluste infolge von Kriegsereignissen betreffen, in beiden
Staaten gleichmäßig für die eigenen wie für die fremden Antertanen ange-
wendet werden.
So einfach, wie die Bestimmungen damals waren, werden sie heute
nicht sein. Der Verkehr zwischen den Völkern hat sich seit 1871 so verzweigt
und erstreckt sich auf so unendlich viel Gebiete des Lebens, daß man hier mit
der AUntersuchung sowohl wie mit den Vereinbarungen ins einzelne geben
müssen wird. Als oberster Grundsatz, der unbedingt gelten muß, wird nur
der eine sich darstellen:
Die feindlichen Staaten müssen alle Maßnahmen, die während des
Krieges mit Bezug auf deutsche Werte getroffen worden sind, rückgängig
machen. Esmuß die bei Ausbruch des Krieges vorhan-
dene Rechtslage wieder hergestellt werden. Wo dies
nicht möglich ist, hat der feindliche Staat Ersatz zu
gewähren.
Dieser Grundsatz entspricht einem Gebot, das in dem sittlichen und recht-
lichen Empfinden aller Völker Anerkennung finden muß. Krieg soll
nur geführt werden zwischen Staaten. Das Privateigentum der einzelnen
Bürger darf nicht mehr als Beute betrachtet werden. Darum muß ein
Staat Ersatz gewähren, wenn er unter Verletzung dieses obersten Grund-
satzes der Völkerrechtsordnung — der in dem Haager Abkommen von 1899
und 1907 auch ausdrücklich anerkannt ist — in das Leben des ihm wehrlos
gegenüberstehenden einzelnen Bürgers eingegriffen hat.
Das Reich hat auch schon amtlich erklärt.), es werde bei den Friedens-
verhandlungen „darauf Bedacht genommen werden, die Privat-Forderungen
mit allen ihren Rechtsbehelfen grundsätzlich wiederberzustellen“.
1) Siehe hierüber die Ausführungen Bismarcks zu dem Krichsschadenersat für
die Auslandsdeutschen, Reichstag 11 1871, Verhandl. Berichte S. 986
2) Wortlaut im Anhang S. 158.
3) Bekanntmachung über Anmeldungen bei dem Reichskommissar, vom 18. 4. 1915.
Anhang S. 180.