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Würde es genügen, hier nur eine solche allgemeine Bestim-
mung zu geben? — Kaum.
Im einzelnen Falle wird nämlich die „Wiederherstellung mit allen
Rechtsbehelfen“ gar nicht einfach sein. Aus der Fülle der Lebensvorgänge,
die hier der rechtlichen Regelung harren, seien nur zwei Beispiele heraus-
gegriffen.
Man hat, was besonders in Rußland häufig vorgekommen ist, über
feindliches Privateigentum endgültig verfügt, ohne daß nach Völkerrecht eine
solche Anordnung zulässig gewesen wäre. Zum Beispiel: Es ist das Grund-
stück eines Deutschen verkauft worden. Der Käufer ist nach innerstaatlichem
Recht unbestreitbar Eigentümer geworden. Darf man sagen, er hat es in
bösem Glauben von einem zur Veräußerung nicht Berechtigten erworben?
Solche Frage ist schon einmal Gegenstand richterlicher Entscheidung
gewesen. König Jerome hatte während seiner Regierungszeit Domänen des
Staates Westfalen verkauft, und zwar wohl zu Schleuderpreisen, um sich
Geld zu verschaffen. Diese Käufe wurden nach dem Zusammenbruch der
Fremdberrschaft angefochten und von den Gerichten auch für unwirksam er-
klärt.
Könnte man ebenso gegen die von feindlichen Staaten bewirkten
Zwangsverkäufe vorgehen? Möglich. Aber man müßte vor den auslän-
dischen Gerichten klagen, und es wäre zum mindesten recht zweifelhaft, ob
man dort nicht dem Erwerber den Schutz des guten Glaubens zubilligen
würde.
Ein zweiter Fall: Feindliche Staaten haben Arheberrechte deutscher
Erfinder, entgegen allem Völkerrecht, für aufgehoben erklärt, und es sind
dann nach dem innerstaatlichen Recht dieser Feinde Urheberrechte für Bürger
des eigenen Landes rechtswirksam begründet worden. Was soll nun werden?
Wie läßt sich der Widerstreit z. B. zwischen den verschiedenen, den gleichen
Gegenstand betreffenden Patentrechten schlichten? Da zeigt sich, wie verfehlt
es war, während des doch nur einen vorübergehenden Zustand darstellenden
Krieges durch Rechtshandlungen auf Privatrechte feindlicher Bürger end-
gültig einzuwirken. Das bedeutete nicht nur eine Verletzung des Völker-
rechts, sondern war auch wirtschaftlich und mit Rücksicht auf den kommen-
den Frieden recht unzweckmäßig. Am so mehr ist es zu begrüßen, daß das
Deutsche Reich nicht blindwütig alle feindlichen Maßnahmen mit gleicher
Münze vergolten, sondern sorgfältig vermieden hat, Eingriffe auf feindliches
Privateigentum vorzunehmen, die man nachher nur mit großen Schwierig-
keiten wieder rückgängig machen kann. Bei den Friedensverhandlungen wird
sich erst zeigen, wie sehr die Maßnahmen unserer Feinde eine glatte und
gerechte Abwicklung mit Bezug auf den Kriegsschaden der einzelnen Bürger