Full text: Kriegsschäden und Kriegsschadenersatz.

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Bei der Fülle von Beziehungen, die zwischen den kriegführenden und 
den neutralen Staaten bestehen, wird es sich kaum vermeiden lassen, den 
Friedensvertrag nur zwischen den feindlichen Mächten abzuschließen. Wenig- 
stens wird man für eine Anzahl von Bestimmungen, wenn man nicht über- 
haupt die neutralen Staaten zu den Verhandlungen hinzuzieht, mit ihnen 
besondere Staatsverträge abschließen müssen. Dies gilt vor allem von der 
Regelung der Rechtsbeziehungen, die bei Ausbruch des Krieges in der 
Schwebe waren oder während des Krieges erst entstanden sind. 
Bei fast allen Staaten der Welt hat sich die Notwendigkeit heraus- 
gestellt, während der Kriegszeit besondere Vorschriften zu erlassen. In ihnen 
spiegeln sich die Wirkungen des Krieges wider, wie sie über die ganze Welt 
des Handels und Verkehrs hingegangen sind. Es ist ein buntes Bild von 
Lebensvorgängen und Rechtsvorschriften, das sich da unseren Blicken zeigt. 
Der Friedensschluß wäre eine Gelegenheit, in dieses Gewirr von Gesetzen und 
Verordnungen eine gewisse Einheit und Klarheit zu bringen. Auch hier er- 
wachsen den Rechts- und Verwaltungskundigen aller Staaten der Welt 
Aufgaben von einer Weite und Größe, wie sie noch nie dagewesen sind. 
Als letzte Aufgabe, die hier zu lösen ist, stellt sich die Regelung zwischen 
den verbündeten Staaten: dem Deutschen Reiche, Oesterreich- 
Ungarn, Bulgarien und der Türkei dar. Diese Aufgabe reicht in ihrer Be- 
deutung zweifellos an alle bisher genannten heran, und von ihrer Lösung 
wird zum Teil die weitere Entwicklung unserer wirtschaftlichen Zukunft ab- 
hängen. 
Im Vordergrund steht hier die allenthalben schon erörterte Frage des 
sogenannten mitteleuropäüschen Zollverbandes. Durch Bündnisse und durch 
die gemeinsame Kriegsgefahr hat sich ein Wirtschaftsgebiet zusammen- 
geschlossen, das in schräger Richtung von Nordwesten nach Südosten sich 
nicht nur durch ganz Europa zieht, sondern von der Nordsee bis zum In- 
dischen Ozean reicht. Damit ist die seit zwei Jahrtausenden dem germanischen 
Staatsgedanken vorschwebende Verbindung zwischen Nordmeer und Süd- 
meer hergestellt. Wird sich dieses durch die Not des Krieges vereinigte 
Wirtschaftsgebiet zu einem dauernden Bündnis verständigen können? Die 
Fragen, die hier zu lösen sind, lassen sich natürlich nicht in dem engen 
Rahmen einer Schrift, wie der vorliegenden, besprechen. Ihre Behandlung 
hat außerdem zur Voraussetzung eine ganz genaue Ermittlung der einzelnen 
hier in Betracht kommenden Staats-- und Wirtschaftsinteressen. Es genüge 
hier, darauf hinzuweisen, daß von der Entscheidung dieser 
Frage vielleicht die ganze Zukunft Europas ab- 
hängen wird.
	        
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