Full text: Kriegsschäden und Kriegsschadenersatz.

23 
daß dieser Erfolg doch Gefahren für die Zukunft in sich trägt. Viele sehen 
in unserer gegenwärtigen Geldwirtschaft nur einen Kreislauf. Man meint, 
wenn auch die Milliarden zunächst aus den Händen der einzelnen in die 
Reichskasse gelangen, so ströme das Geld doch alsbald wieder an die ein- 
zelnen zurück. Wäre diese Erwägung richtig, so könnte der Krieg wirt- 
schaftlich bis in alle Anendlichkeit fortgehen; der Strom des Geldes würde 
dann um die beiden Pole kreisen: Kriegsanleihe und Bezahlung der Heeres- 
lieferungen. Diese Rechnung enthält aber einen Fehler. Bei jeder neuen 
Kriegsanleihe entfällt ein großer Teil auf Ausgaben, die dem Wirtschafts- 
leben nicht nur keine neuen Werte zuführen, sondern im Gegenteil, rein als 
Kriegsschade abzubuchen sind. Insbesondere ist alles, was die unmittelbare 
Kriegführung, die Versorgung mit Kriegsmaterial kostet, eine Ausgabe, 
der rein wirtschaftlicher Gegenwert nicht gegenübersteht. Die Millionen 
und Milliarden, die verschossen werden, sind nichts weiter als eine Zer- 
störung von Wirtschaftswerten. Es kommt nun hinzu, daß infolge der 
Einkreisung Deutschlands der bei Ausbruch des Krieges vorhandene Be- 
stand an Rohstoffen ausländischer Herkunft so gut wie aufgebraucht wird. 
Nach Friedensschluß werden wir also vor der Frage stehen, auf welche 
Weise wir die für künftige Gewerbearbeit erforderlichen ausländischen Rob- 
stoffe wieder hereinbekommen. Dazu brauchen wir vor allem Geld. Denn 
ob wir diese Rohstoffe mit den Waren bezahlen können, die wir aus diesen 
Rohstoffen erst herstellen und an das Ausland zurückliefern sollen, ist zweifel- 
haft. Möglich, daß die Aufstapelung von Rohstoffen, die der Krieg im 
Ausland bewirkt hat, und das zweifellos nach Friedensschluß überall in der 
Welt vorhandene Kreditbedürfnis von selbst eine Regelung des Welthandels 
bewirben werden. Damit sollte man aber nicht rechnen, und auch aus diesem 
Gesichtspunkt heraus ist die Frage der Kriegsentschädigung eine der wich- 
tigsten des kommenden Friedens. Wird uns das feindliche Ausland große, 
in bar zu zahlende Summen schuldig, so gelangen wir damit ohne weiteres 
in den Besitz der Mittel, die wir brauchen, um für unser Gewerbe die 
nötigen Rohstoffe vom Ausland zu beschaffen. Vor allem aber 
werden wir damit in unserem Kredit= und Geldwesen 
von dem Ausland unabhängig. Dieses Ziel müssen wir mit 
unerbittlicher Strenge verfolgen. Schon im Frieden durfte das als ein 
JZiel gelten, aber es war natürlich sehr viel schwerer, in friedlicher Arbeit 
diesem Ziel näher zu kommen. Nun der Krieg einmal da ist und sich das 
übergewicht offenbar auf unsere Seite neigt, dürfen wir diese seltene Ge- 
legenheit nicht vorbeigehen lassen, um ein für alle künftige Entwicklung 
Deutschlands grundlegendes Ergebnis zu erreichen. 
* * 
*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.