Full text: Kriegsschäden und Kriegsschadenersatz.

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allein hierdurch ein beträchtlicher Schade entstanden ist, der sich um so 
empfindlicher fühlbar macht, als er außerordentlich schwer festzustellen ist. 
Wer zurückkehrt und sein Eigen entwendet oder beschädigt findet, wie soll 
er beweisen, daß die schnelle Flucht den Anlaß zu diesem Kriegsschaden 
gegeben hat? 
In manchen Fällen haben die mit der plötzlichen Ausweisung ver- 
bundenen Erregungen, Mißhandlungen und Bedrohungen Krankheiten ver- 
ursacht, die nicht selten dauernde Störungen der Gesundhbeit hinterlassen 
haben. Dabei ist insbesondere der unmenschlichen Behandlung schwangerer 
Frauen und Kinder zu gedenken, die schon im Jahre 1870 die Entrüstung 
der Deutschen hervorgerufen hat, und die sich jetzt wiederholt, als wäre die 
Menschheit inzwischen in ihrer Gesittung um keinen Schritt vorwärts 
gekommen. 
Schweren Schaden hat das Auslandsdeutschtum in den Gedbieten 
unserer Feinde auch dadurch erlitten, daß, entgegen dem Völkerrecht, die 
friedliche Bevölkerung gefangengenommen und in Konzentrationslagern in 
Haft gehalten worden ist, und zwar unter Bedingungen, die in vielen Fällen 
schwere Gesundheitsstörungen verursacht haben. Besonders arg hat sich in 
dieser Beziehung Rußland vergangen. Die Behandlung, die sowohl die 
Kriegsgefangenen wie die friedliche deutsche Bevölkerung hier hat erdulden 
müssen, hat sogar häufig zum Tode geführt, und wer nach einer oft monate- 
lang dauernden, unter ganz unerhörten Umständen vollstreckten Haft wieder 
freigelassen worden ist, hat meistens Gesundbeitsschädigungen erlitten, die 
sein weiteres Fortkommen erschweren, wenn er nicht gar arbeitsunfähig 
geworden ist. Besonders schlecht ist es den Mitgliedern des Flottenvereins 
in Rußland ergangen, die wie Verbrecher behandelt worden sind und in den 
Gefängnissen und bei der Beförderung durch „Etappe“ Unbeschreibliches 
haben erdulden müssen. Gerade bei Rußland ist dieser Teil des Kriegs- 
schadens der Auslandsdeutschen sehr bedeutend. Die Zahl der Deutschen, 
die dergestalt in russischer Gefangenschaft leiden, wird auf mindestens 
hunderttausend angegeben. 
Das Sachvermögen der Deutschen im feindlichen Ausland ist ebenso 
wie Leib und Leben der Willkür unserer Feinde preisgegeben gewesen, und 
wir dürfen annehmen, daß der größte Teil dieser Werte vernichtet worden 
ist. Abgesehen von den Zerstörungen, die allenthalben der wütende Pöbel 
verursacht hat, hat die feindliche Staatsgewalt selbst nicht davor zurück- 
geschreckt, einen der obersten Grundsätze des Völkerrechts zu verletzen und 
das Einzeleigentum des Bürgers als Kriegsgut zu behandeln. Man sieht 
sich auch hier in Zeiten zurückversetzt, für die wir eben nur das Wort bar- 
barisch haben. So vieles, was die Menschheit in den letzten Jahrhunderten
	        
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