Zweiter Teil.
Kriegsschadenersatz nach geltendem Recht.
Erster Abschnitt.
Ueberblick über die geschichtliche Entwickelung.
Daß wir den Frieden als den natürlichen Zustand eines geordneten
Staatswesens und den Krieg nur als einen Ausnahmezustand betrachten,
ist eine Errungenschaft menschlicher Kultur, die noch gar nicht lange besteht.
Im Deutschen Reiche ist erst 1495 zum erstenmal der ewige Landfriede ver-
kündet worden, und es hat dann noch anderthalb Jahrhunderte gedauert,
ehe sich wirklich ein Zustand allgemeinen Friedens schaffen ließ. Erst mit
dem Westfälischen Frieden vom Jahre 1648 beginnt die neue Zeit, deren
wichtigste Errungenschaft — der Landfriede innerhalb des Staates — uns
schon so selbstverständlich erscheint, daß wir uns kaum vorstellen können,
dieser Zustand dauere noch nicht drei Jahrhunderte.
Einen Krieg nicht nur durch Vernichtung der einen Partei oder durch
bloßes Aufhören der Feindseligkeit zu beendigen, sondern durch einen Frie-
dens vertrag, diese Einführung des Rechtsgedankens in das Gebiet des
Kriegswesens hat schon das Altertum gekannt. Bemerkenswert ist dabei,
daß sowohl bei den Griechen wie späterhin bei den Germanen die Friedens-
schlüsse zunächst nur auf eine bestimmte Zahl von Jahren gelten sollten. Die
Römer dagegen waren schon dazu gelangt, Friedensverträge zu vereinbaren,
die für die Dauer gelten sollten.
Bis zum Jahre 1648 bietet uns die deutsche Geschichte eine bunte Fülle
von Kriegen und Fehden nach außen und nach innen. So ist der West-
fälische Friede einer der wichtigsten Wendepunkte nicht nur unserer eigenen
Staatsgeschichte, sondern auch der Geschichte des Völkerrechts. Mit ihm
beginnt eigentlich überbaupt erst der Rechtsverkehr zwischen den Völkern.
Der Dreißigjährige Krieg hat das Deutsche Reich so schwer geschädigt wie