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Bericht des Staatsministeriums, sondern ein Beschluß des Staatsrates
und ein Gesetz erforderlich gewesen wären, um festzustellen, daß Kriegsschäden
weder auf Grund der 88 73 —75, Einleitung ALR., noch auf Grund all—
gemeiner Rechtsgedanken Ersatzansprüche gegen den preußischen Staat
gewähren. Da die Kabinettsorder aber ausdrücklich den von dem Staats-
ministerium gebilligten Grundsätzen Gesetzeskraft verliehen hat, kommt es
nach der herrschenden Auffassung nicht darauf an, ob das bei Entstehung
des Gesetzes eingeschlagene Verfahren ordnungsmäßig war. Die Frage
hat keineswegs nur geschichtliche Bedeutung. Würden §8 73—75 AL.
einen Kriegsschadenersatzanspruch geben und wäre die Kabinettsorder vom
4. Dezember 1831 nicht rechtsgültig, so würde für Preußen das alte Recht
noch in Kraft stehen, da das Bürgerliche Gesetzbuch dieses Rechtsgebiet
nicht geregelt, vielmehr in Artikel 109 seines Einführungsgesetzes ausdrück-
lich das Landesrecht hat bestehen lassen. Wenn man aber auch der Auf-
fassung ist, daß der Bericht des Staatsministeriums vom 16. November 1831
eine unrichtige Begründung gibt, so wird man doch der Kabinettsorder vom
4. Dezember 1831 Gesetzeskraft nicht versagen können, und daher zu dem
Ergebnis gelangen, daß ein allgemeiner Ersatzanspruch für
Kriegsschäden nach preußischem Landesrechte nicht
gegeben ist. Im wesentlichen das gleiche würde man aber auch dann
sagen müssen, wenn man die Kabinettsorder von 1831 für rechtsunwirksam
bielte; denn, wie schon ausgeführt, läßt sich ein allgemeiner Ersatzanspruch
für Kriegsschäden auf die genannten Bestimmungen des Landrechts deshalb
nicht gründen, weil es im allgemeinen an dem notwendigen Zusammenhang
zwischen Aufopferung besonderer Werte des einzelnen Bürgers und einer
dadurch bedingten Förderung des Gemeinwohls fehlt. In gewissen Grenzen
ist ja durch das Kriegsleistungsgesetz ein Ersatzanspruch anerkannt. Bei
Kriegsschäden aber, durch welche nur Werte zerstört werden, ohne daß da-
durch eine unmittelbare Förderung des Vaterlandes erfolgt, versagt die
Berufung auf die Einleitung des Landrechts. Man wird deshalb den alten
Streit über die Rechtsgültigkeit der Kabinettsorder von 1831 auf sich be-
ruhen lassen können.
#ber die Frage, ob man aus den allgemeinen Lehren des Schadens-
ersatzes einen Anspruch bei Kriegsschäden begründen kann, wird weiter
unten noch näher zu sprechen sein.
Nach dem gewaltigen Kriegsschaden, den die napoleonischen Kriege
dem preußischen Staat und Volk zugefügt hatten, mußte man besondere
Fürsorge aufwenden, um diesen Schaden auszugleichen. So sind denn eine
große Reihe von Edikten, Kabinettsorders und anderen Vorschriften er-
gangen, welche sich mit der Ausgleichung dieser Kriegsschäden befaßt haben.