Full text: Kriegsschäden und Kriegsschadenersatz.

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bezeichnen. Und wenn man von dem engen Standpunkt absieht, dem Recht 
nur die schriftlich niedergelegte Willensbindung ist, so darf man auch von 
einem Recht auf Kriegsentschädigung sprechen. Es gibt 
nicht nur ein Recht des Krieges, sondern auch ein Recht des Sieges. Was 
der Sieger dem unterworfenen Feind für Bedingungen zu stellen habe, das 
soll, so ist es wenigstens nach deutscher Auffassung gerecht — nicht nach freier 
Willkür sich entscheiden, sondern nach Grundsätzen, die vor einem höchsten 
Richter Anerkennung finden können. Mit solchen Gedanken betrachtet, er- 
gibt sich gerade die Kriegsentschädigung als eine der gerechtesten Bedin- 
gungen eines Sieges. Auf der einen Seite verschafft sie dem Sieger die 
Mittel, seinen eigenen Kriegsschaden ausgleichen zu können. Auf der an- 
deren Seite belastet sie den Besiegten und verhindert ihn, in absehbarer Zeit 
wieder in den Zustand voller Kriegsbereitschaft zu kommen. Geht man da- 
von aus, daß der Krieg uns, sehr gegen unseren Willen, von unseren Feinden 
aufgezwungen ist, so ist nichts gerechter, als daß wir durch eine hohe 
Kriegsentschädigung uns stärken und den Gegner schwächen. So wollte 
Bismarck 1871 durch die 5 Milliarden Frankreich verhindern, in absehbarer 
Zeit wieder kriegsbereit und damit kriegslustig zu werden. Wie man jetzt 
weiß, hat Bismarck sich damals über die Leistungsfähigkeit seines Gegners 
getäuscht. Frankreich hat nicht nur die 5 Milliarden ohne Mühe aufbringen 
können, sondern ist auch sehr bald wieder kriegsbereit gewesen und hat 
damit sehr bald die Politik Bismarcks vor neue Kriegssorgen gestellt. Diese 
Erfahrung sollte man bei dem kommenden Friedensschluß nicht vergessen! 
Wie sehr auf seiten unserer Gegner das Bewußtsein lebendig ist, daß 
eine Kriegsentschädigung den Anterworfenen vor allem auf lange Zeit in 
Kampfunfähigkeit erhält, dafür bietet den besten Beweis ein in einer eng- 
lischen Zeitschrift erschienener Aufsatz!), aus dem folgendes im Wortlaut 
wiedergegeben seie: 
„Zur Sicherung eines langdauernden Friedens in Europa ist es un- 
erläßlich, Preußen so zu schwächen, daß es an eine Revanche zu einem nahe 
bevorstehenden Zeitpunkt nicht denken kann. Das wirksamste und im ganzen 
genommen gerechteste (!) Mittel zur Erreichung des genannten Zweckes ist, 
eine so erdrückende Kriegsentschädigung dem deutschen Volke aufzuerlegen, 
daß es Deutschland für lange Zeit unmöglich wäre, einen Revanchekrieg 
zu führen, eine Kriegsentschädigung, die ferner der ganzen Welt zeigen 
würde, daß ein Volk, welches einen ungerechtfertigten Angriff unternimmt, 
in Zukunft die Kosten des Krieges, den es anderen aufzwingt, selbst zu 
tragen hat (1). 
1) Mitteilungen des Vereins für das Deutschtum im Ausland Nr. 26, vom 
15. Juni 1915.
	        
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