Full text: Kriegsschäden und Kriegsschadenersatz.

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strecken. Mag es sich auch bei der Frage des aus der Zahlungssperre ent- 
standenen Kriegsschadens nicht gerade um gewaltige Beträge handeln, wie 
wir sie sonst auf diesem Gebiete anzutreffen schon gewöhnt sind, auch ein 
geringer, aber unbilliger Schade darf bei der Abrechnung nicht vergessen 
werden. 
Außer den bisher genannten reichsrechtlichen Vorschriften über den 
Kriegsschadenersatz wären hier noch zu erwähnen die Bestimmungen, durch 
welche den Kriegsteilnehmern und ihren Hinterbliebenen Versorgungs- 
ansprüche gewährt worden sind. Es ist dies ein besonderes, durch zahlreiche 
Gesetze geregeltes und auch im Schrifttum eingehend behandeltes Gebiet, 
das im Rahmen dieser Schrift nicht weiter erörtert zu werden braucht. 
Das Festungsrayongesetz vom 21. Degember 1871 (Röl. S. 459) 
enthält auch einige Bestimmungen, die für den Hriegsschaden von 
Bedeutung sind. 
Endlich könnte unter Umständen auch das Reichsgesetz vom 22. Mai 
1910 (Röl. 1910 S. 798) Grundlage für Kriegsschadenersatzansprüche 
gegen das Reich abgeben, nämlich dann, wenn ein Schade nachweislich durch 
Lbergriffe eines Beamten verursacht worden ist. Vermutlich wird sich aber 
im Einzelfall der Beweis sehr schwierig gestalten, so daß kaum anzunehmen 
ist, dieses Gesetz werde häufig Prozesse gegen das Reich auf Kriegsschaden- 
ersatz begründen können. Einen Sonderfall der Anwendung dieses Gesetzes 
bildet das als Reichsrecht geltende preußische Gesetz über den Belagerungs- 
zustand vom 4. Juni 1851:) mit seinem § 4 Absatz 2. Dieser lautet: 
„Für ihre Anordnungen sind die betreffenden Militärbefehls- 
haber persönlich verantwortlich.“ 
Ansprüche auf Schadenersatz wären nach dem Reichsgesetz vom 
22. Mai 1910 nicht gegen die einzelnen Befehlshaber, sondern gegen das 
Reich geltend zu machen. 
Damit ist der Kreis des Reichsrechts erschöpft, soweit es sich um An- 
sprüche der Beschädigten gegen das Reich handeln kann. 
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Wenden wir uns nun der Frage zu, ob etwa Kriegsschaden gegen die 
einzelnen Bundesstaaten geltend gemacht werden kann. Die Unter- 
suchung wird sich hier auf Preußen beschränken, da dem Verfasser nicht die 
nötige Zeit zur Verfügung gestanden hat, um die Gesetzgebungen der übrigen 
Bundesstaaten daraufhin nachzuprüfen, in welcher Weise sie den Kriegs- 
  
1) GS. 1851, 451. Reichsverfassung Art. 68.
	        
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