IX. Die Zeit des Ringens nach Einheit und Freiheit. 99
sich die Herbergen zur Heimat und Mägdeherbergen auf. Der sittlich
Verkommenen und Arbeitsscheuen nehmen sich die Magdalenenasyle
und Arbeiterkolonien an, und den bereits mit Zuchthaus Bestraften
gehen noch liebend die Vereine für entlassene Sträflinge nach. In
großen Städten, wo auch das Elend gewöhnlich am größten zu sein
pflegt, sind Stadtmissionare, die Notleidende und Hilfebereite aller
Art aufsuchen und einander nahebringen. — In besonderen Anstalten
werden christliche Jünglinge und Jungfranen zum Dienste in der
innern Mission ausgebildet. ·
100. Die Geldwirtschaft.
1. Nachdem das Geld einmal Eingang bei uns gefunden und sich
als bequemes Tauschmittel bewährt hatte, wurde es immer mehr geschätzt
und in Gebrauch genommen. Der Bauer und seine Leute beziehen
jetzt vieles aus der Stadt: Maschinen, Samen, Futter= und Dünge-
mittel, Kleiderstoffe und Genußmittel, die sie mit barem Gelde bezahlen
müssen; sie machen Reisen, die bares Geld kosten, und müssen Steuern
und Abgaben in barem Gelde entrichten. So wird die alte Natural-
wirtschaft fast überall verdrängt und die Geldwirtschaft an ihre Stelle
esetzt. Die Geldwirtschaft treibt den Bauer allmählich dazu, alle
Leistungen, die er bisher in Natur verrichtete, durch Geld zu ersetzen.
Die Naturallieferungen an Geistliche, Lehrer und andere Beamte werden
an vielen Orten auf beiderseitigen Wunsch in Geld umgesetzt. Des-
gleichen wollen die Dienstboten und Tagelöhner ihre Löhne lieber in
Geld als in Naturalien empfangen.
2. Da müssen denn auch die Bauern und sonstigen Landbewohner
mehr als sonst zusehen, bares Geld zu bekommen. Jung= und Mast-
vieh, Eier und Milchwaren, Getreide, Kartoffeln, Hülsenfrüchte und
Obst, Heu und Stroh, Holz und Torf, kurz alles, was nicht zu eigenem
Gebrauche nötig ist, müssen sie gegen bares Geld verkaufen, und
jeder sucht dabei seine Ware so teuer wie möglich an den Mann zu
bringen. Die Geldwirtschaft ist noch jung; Segen und Unsegen sind
in ihrem Gefolge, und einer spätern Zeit wird es vorbehalten sein,
den Segen zu mehren und den Unsegen zu mindern.
101. ie Vampfmaschinen.
1. Viele Arbeiten, die sonst von Menschenhand verrichtet wurden,
hat heutzutage die Dampfmaschine übernommen. Darum hat sie auch
überall schnell Eingang gefunden. In unser Familien= und Gemeinde-
leben hat sie große Veränderungen gebracht. Spinnrad und Webstuhl
werden seltener, und der Flegelschlag verstummt nach und nach in den
Banernhäusern. Die schöne blaue Flachsblüte ist in vielen Gegenden
fast gonz verschwunden, und die geringe Flachsernte wird an manchen
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