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Alles war im Augenblicke verschwunden. Noch heutigen Tages
geht Mancher am Palmsonntag hinaus in den Wald und sucht
emsig nach der Stelle, wo das Schloss der Zwerge gestanden
haben soll, denn wer sie findet, gelangt auch zu dem Schatz, der
dort verborgen liegt.
Kelheim.
Der Raum gestattet uns leider nicht, von den mannigfaltigen
Geschicken dieses am Fusse des Michaelsberges liegenden und
nur durch den Canalhafen von ihm getrennten Städtchens, in dessen
Strassen man von oben herab sieht, viel zu reden. Nachdem die
Grafen von Scheyern ihr Stammschloss gleichen Namens 1112
in ein Kloster umgewandelt, sassen sie abwechselnd zu Wittels-
bach und in ihrer stattlichen Burg Keltege, westlich des Zusam-
menflusses von Altmühl und Donau. Otto der Aeltere, mit welchem
die Reihe der bayerischen Fürsten aus dem Hause Wittelsbach
beginnt, baute innerhalb der alten Römeranlagen das jetzige Kelheim.
Hier war es, wo Kaiser Friedrich der Rothbart 1156 den
Streit zwischen Heinrich Jasomirgott und Heinrich dem Löwen
schlichtete, indem er Oesterreich von Bayern trennte und zu
einem selbstständigen Herzogthum erhob. Bayern blieb klein,
während Oesterreich zu einem mächtigen Kaiserthume gedieh.
Hier endete am 16. September 1231 durch Meuchelmord Ludwig
der Kelheimer, dessen Gattin 1204 die schöne Wittwe Ludmilla von
Bogen wurde, welche ihn den bekannten Schwur vor den drei ge-
malten oder gestickten Rittern thun liess, während eben so viele
hinter dem Vorhange Zeugen seines eidlichen Versprechens waren.
Ludmilla, eine böhmische Königstochter, nahm nach ihres zweiten
Gatten Tod den Schleier und starb in dem von ıhr gestifteten