24 B. Erläuterungen z. Reichs- u. Staatsangehörigkeitsgesetz.
Reiche ein gut Teil seiner besten Volkskraft ohne zwingenden Grund
verloren geht.
Aus alledem ergibt sich, daß die zahlreichen Veränderungen,
die das neue Gesetz gegen das alte aufweist, zu ihrem kleinsten
Teile von grundsätzlicher Bedeutung sind. Sie sind zum Teil
juristisch-technischer Natur, sie haben zum Teil den Zweck, Un-
ebenheiten zu beseitigen, die sich im geltenden Recht gezeigt haben,
und bringen grundlegende Veränderungen eigentlich nur bezüglich
der Bestimmungen über den Verlust der Staatsangehörigkeit.
Es ist wohl selbstverständlich, daß das neue Gesetz nicht an
dem obersten Grundsatze des geltenden Rechts rüttelt, daß die Reichs-
angehörigkeit durch die Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaat
erworben wird, und daß sie mit dieser erlischt. In dieser Beziehung
Anderungen des geltenden Rechts eintreten zu lassen, liegt eine
Veranlassung nicht vor. Man hat es wohl gefordert; aber ich habe
den Eindruck, daß dieser Forderung mehr ideale Gesichtspunkte als
ein praktisches politisches Bedürfnis zugrunde liegen, daß sie mehr
im Überschwang patriotischer Begeisterung als in der Überzeugung
von einer Unzweckmäßigkeit des geltenden Rechts entstanden sind.
Es würde Schwierigkeiten machen, wenn man eine selbständige Reichs-
angehörigkeit konstruieren wollte, weil man sich damit in Wider-
spruch setzen würde mit den föderativen Grundlagen, auf denen
das Deutsche Reich aufgebaut ist und nach der Überzeugung der
verbündeten Regierungen aufgebaut bleiben soll.
Nur in einem Punkte haben diese Bestimmungen eine Ergän-
zung erfahren. Das Gesetz ist zu einer Zeit erlassen, wo wir keine
Kolonien und keine Schutzgebiete besaßen. Den veränderten Ver-
hältnissen entsprechend enthält auch der Gesetzentwurf, der Ihnen
jetzt vorliegt, Vorschriften, welche unter bestimmten Voraussetzungen
innerhalb der Schutzgebiete den Erwerb einer unmittelbaren Reichs-
angehörigkeit zulassen. Darüber hinauszugehen, lag keine Veran-
lassung vor.
Auch im übrigen ist an den Bestimmungen, die den Erwerb
der Staatsangehörigkeit regeln, im wesentlichen nichts geändert.
Eine Neuerung finden Sie bezüglich der Aufnahme von Aus-
ländern. Hier liegt in dem geltenden Recht ein zweifelloser Mangel,
indem es die Aufnahme von Ausländern lediglich in das Ermessen
desjenigen Bundesstaates legt, in dem der betreffende Ausländer
seinen Aufenthalt genommen und die Aufnahme beantragt hat. Die