Full text: Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.

2. Abschn. Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate. (89.) 79 
Bundesstaate die Aufnahme nachgesucht habe, durch falsche Papiere glaub- 
haft zu machen gewußt habe, daß er noch nie in Deutschland gewesen 
sei; mit solchen Papieren werde ein schwunghafter Handel betrieben. 
Es seien aber auch Fälle vorgekommen, in denen die Behörden eines 
Bundesstaats dem Aufnahmegesuch eines anderwärts abgewiesenen Aus- 
länders stattgegeben hätten, weil nach ihrer Ansicht für diesen Bundes- 
staat die Sache anders gelegen habe als für den zuerst angegangenen; 
und es sei vorgekommen, daß ein solcher Ausländer dann in den Bundes- 
staat, der seinen Antrag abgelehnt hatte, zurückgekehrt sei und nun auch 
dort habe aufsgenommen werden müssen. 
Ferner sei auch an Fälle zu denken, in denen der Aufzunehmende 
gar keine Niederlassung in einem anderen Bundesstaate gehabt habe, 
aber von einem ausländischen Grenzort aus eine höchst unerwünschte 
deutschfeindliche Agitation in den deutschen Grenzbezirken betrieben habe. 
Suche ein solcher Ausländer in einem innerdeutschen Bundesstaate, woa 
man ihn gar nicht kenne, die Aufnahme nach, so finde nach dem jetzt 
geltenden Bundesratsbeschluß eine Anfrage bei einem anderen Bundes- 
staat überhaupt nicht statt. Es könne dann vorkommen, daß der Aus- 
länder aufsgenommen werde und nachher wieder in die Gegenden seiner 
früheren Agitation zurückkehre, um dort die Aufnahme zu verlangen. 
In den hier in Frage kommenden Fällen habe es sich übrigens nicht 
nur um eine Gefährdung preußischer Interessen gehandelt, sondern häufig 
umgekehrt darum, daß eine von den Preußen erteilte Naturalisation 
einem anderen Bundesstaat oder dem Reichslande unerwünscht gewesen 
sei. Um solchen Mißständen ein Ende zu machen, erscheine nur ein Weg 
gangbar und das sei der einer vorherigen Rundfrage bei allen Bundes- 
regierungen in jedem Falle der Aufnahme." 
Der §9 ist der umstrittenste des ganzen Gesetzes. Eine stattliche 
Reihe von Anträgen erstrebten, dem Ausländer das gleiche Recht auf 
Einbürgerung einzuräumen wie dem Deutschen für die Aufnahme in jedem 
Bundesstaate, die Gründe für die Versagung der Einbürgerung einzu- 
schränken und festzulegen, dem Ausländer ein Recht auf Mitteilung der 
Gründe der beabsichtigten Versagung und auf ihre Bekämpfung zuzu- 
gestehen, einen Nachweis über die Entscheidungen des Bundeerats an den 
Reichstag vorzuschreiben u. dgl. Die Mehrzahl der Anträge ist abgelehnt 
worden; die übrigen haben in Abs. 1 Satz 2 und in Abs. 2 Ausdruck gefunden. 
Der Bundesratsbeschluß vom 22. Januar 1891 hat zwar durch § 9 
des R. u. StGes. seine Geltung verloren. Für die Beurteilung eines 
Einbürgerungsgesuches ist aber nicht belanglos zu wissen, ob der An-
	        
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