— 202 —
Draußen in der Nordsee, westlich von Helgoland, den Vorpostenstreit-
kräften Hilfe zu bringen, eilen sie herbei. Auch S. M. S. „Ariadne“ ist
in solcher Absicht vorgestoßen, um, an der Vorpostenkette herangekommen,
zu entdecken, daß einzelne unserer leichten Streitkräfte beschossen worden
find. Aber das Geschützfeuer ist inzwischen verstummt, der Gegner hat
sich gegen Westen zurückgezogen. Unverrichteter Dinge wieder umzu-
kehren, würde nicht dem lange zurückgedrängten Kampfesmut unserer
Flotte entsprechen, dem unbezwinglichen Willen unserer Offiziere und
Mannschaften, an den Feind heranzukommen. Verfolgung heißt die
Losung, Fühlung mit dem Feinde gewinnen, ihn, wenn möglich, zum
Kampfe zu stellen. Wie stark ist der Feind? Der Nebel verhüllt es, aber
wer fragt danach? Plötzlich ist aus dem Nebel heraus wieder Geschütz-
feuer zu hören und gleich darauf stößt „Ariadne“ auf ein Schiff von uns,
das mit zwei englischen Panzerkreuzern der Lionschiffsklasse — Schiffs-
riesen von 27 000 Tonnen mit je acht 34,4-Zentimeter-Geschützen — im
Kampfe liegt. Mutig springt die kleine „Ariadne“ ihrem Genossen bei,
aber schon wird auch sie beschossen. Ein Treffer in den vorderen Kessel-
raum setzt die Hälfte der Kessel außer Betrieb, so daß sie nur noch 15 See-
meilen laufen kann. Noch eine halbe Stunde dauert der ungleiche
Kampf. Das Achterschiff ist in Brand geschossen, aber die übrigen Ge-
schütze feuern weiter. Der Brand gewinnt an Ausdehnung und erstreckt
sich auch auf das Vorderschiff. Die vordere Munitionskammer konnte
unter Wasser gesetzt werden. Bei der hinteren ist das nicht mehr möglich.
Der Feind hat inzwischen nach Westen abgedreht. Die tapfere „Ariadne“
ist dem Untergang geweiht. Die Mannschaft versammelte sich auf dem
Vordeck und bringt, getreu der Ueberlieferung unserer Marine, drei
Hurras auf ihren allerhöchsten Kriegsherrn aus. Spontan klingt das
Flaggenlied über das Wasser und unter den Klängen von „Deutschland,
Deutschland über alles“ wird das Schiff in vollster Ordnung verlassen.
Zwei unserer Schiffe kommen in die Nähe. Vom Feinde ist nichts
mehr zu sehen. Kurze Zeit nur und das Wrack der „Ariadne“ ver-
schwindet in den Fluten, wahrscheinlich infolge der Explosion der hinteren
Munitionskammern. Von der tapferen Besatzung sind, soweit man bis-
her feststellen kann, gefallen: der erste Offizier, Korvettenkapitän Frank,
Schiffsarzt Ritter v. Bosberg, Wachtingenieur Helbing und ungefähr
70 Mann. Die Zahl der Verwundeten ist groß.
War dieses Zusammentreffen mit dem übermächtigen Gegner auch
nicht vom Elücke begünstigt, so hat es doch Zeugnis abgelegt von der
Kampfesfreudigkeit, der zähen Ausdauer und dem höchsten persönlichen
Mute aller. Auch der Feind ist, wie er selbst zugibt, sehr beschädigt und
das Vertrauen unserer Besatzungen auf die eigene Kraft ist nicht er-
schüttert, sondern gewachsen.
Das Seetreffen bei Helgoland
Wien, 30. August. In einer Besprechung des Seegefechtes bei
Helgoland hebt das „Fremdenblatt“ hervor, daß auch diesmal wieder
die deutsche Unerschrockenheit und Tapferkeit zutage getreten seien. Das
Blatt fährt fort: Die Teilnahme und die Bewunderung ganz Oesterreich-
Ungarns wendet sich den heroischen deutschen Matrosen zu, welche, wenn