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Korpsbefehl.
Der Kommandierende General v. Tylander hat unter dem
22. August an sein vor dem Feinde stehendes Armeekorps folgenden
Korps-Tagesbefehl erlassen:
Die schweren Tage, an denen das Armeekorps aus Gründen der
höheren Führung dem Feinde ausweichen mußte, bis alles zum Schlage
vereinigt war, sind nun vorüber. Das Armeekorps hat die Anstrengungen
dieser Tage in bester Ordnung überstanden und sich seine frische Kampfes-
stimmung bewahrt. Dies hat es in den Tagen der Kämpfe um Saarburg
glänzend bewiesen. Die Truppen sind mit einem herzerfreuenden
Schneid vorgegangen und haben den Gegner überall in die Flucht ge-
worfen, wo sie ihn trafen. Ich danke meinen braven Truppen für ihre
mustergültige Haltung und beglückwünsche sie herzlich zu ihrem Erfolge.
Ich hoffe, daß diesem ersten Siege noch viele weitere folgen werden.
Wenn das Armeekorps so weiter kämpft, wird es unüberwindlich sein,
und unser König und das Vaterland wird mit Stolz auf seine Söhne
blicken können.
Russische Grausamkeiten und Schandtaten.
Berlin, 5. September. (W.T.B.) Bei ihrem Eindringen in Teile
von Ostpreußen haben die Russen zahllose Schandtaten und Grausam-
keiten begangen.
Aus der unendlichen Menge der darüber vorliegenden Nachrichten
teilen wir hier zunächst solche Fälle mit, die durch amtliche Ermitte-
lungen bereits zuverlässig beglaubigt sind. Eine Reihe von Landräten
sind von den Russen festgenommen und nach Rußland abgeführt worden.
Der Landrat von Goldap soll gezwungen worden sein, Vieh, das aus
seinem Kreise von den Russen zusammengebracht worden ist, nach Ruß-
land zu treiben. Von vielen Gendarmen des Grenzgebiets fehlt jede
Spur. Fest steht, daß ein Gendarm aus dem Kreise Pillkallen erstochen
worden ist. Der Gendarm aus Bilderweitschen wurde von den Russen
gefangen genommen. Man hat gesehen, wie er auf einer Protze gefesselt
durch Eydtkuhnen gebracht wurde. Dann ist er erstochen worden. Seine
Leiche lag auf dem Marktplatz in Kibarty.
Die evangelischen Pfarrer in Schareyken, Kreis Marggrabowa, und
in Szittkehmen, Kreis Goldap, weigerten sich den Russen Angaben über
die Stellung unserer Truppen zu machen. Sie wurden deshalb in den Mund
eschossen. Der eine ist tot, der andere wurde schwer verwundet, ohne
offnung auf Genesung, in das Krankenhaus nach Goldap gebracht. In
einem Dorf im Kreise Pillkallen wurden Frauen und Kinder zusammen
auf ein Gehöft getrieben, die Hoftore geschlossen, das Gehöft in Brand ge-
steckt. Erst als die Eingeschlossenen in höchste Not und Bedrängnis geraten
waren, wurden die Tore geöffnet und die gequälten Leute herausgelassen.
Auf einem Gutghof bei Szittkehnen wurde der alte Besitzer erschlagen. Die
Wirtin wurde genötigt, den Russen Speisen und Getränke zu bringen.
Als alles aufgezehrt war, mußte sie in einer Gasse, die von den russischen
Soldaten mit aufgepflanztem Bajonett gebildet worden war, Spießruten
laufen und wurde dabei schwer verletzt. In einem Dorfe des Kreises
Stallupönen wurde unter der unwahren Behauptung, daß aus dem Dorf
geschossen worden sei, eine Reihe von Bewohnern, darunter Frauen und