— 263 —
Kaiser Wilhelm an Präsident Wilson.
Kaiser Wilhelm selber hat das Wort ergriffen, um laut vor aller
Welt gegen die barbarische und völkerrechtswidrige Kriegführung unserer
Gegner zu protestieren. Er richtet diesen Protest an die Adresse des
Präsidenten der Vereinigten Staaten von Nordamerika. Vernehmen
aber wird ihn die ganze Welt. Das an den Präsidenten Wilson gerichtete
Telegramm lautet:
Ich betrachte es als Meine Pflicht, Herr Präsident, Sie, als den
hervorragendsten Vertreter der Grundsätze der Menschlichkeit, zu benach-
richtigen, daß nach der Einnahme der französischen Festung Longwy
Meine Truppen dort Tausende von Dum-Dumeschossen entdeckt
haben, die durch eine besondere Regierungswerkstätte hergestellt waren.
Ebensolche Geschosse wurden bei getöteten und verwundeten Soldaten
uud Gefangenen, auch britischer Truppen, gefunden. Sie wissen, welche
schrecklichen Wunden und Leiden diese Kugeln verursachen und daß ihre
Anwendung durch die anerkannten Grundsätze des internationalen
Rechts streng verboten ist. Ich richte daher an Sie einen feierlichen
Protest gegen diese Art der Kriegführung, welche dank den Methoden
unserer Gegner eine der barabarischsten geworden ist, die man in der
Geschichte kennt. Nicht nur haben sie diese grausamen Waffen ange-
wendet, sondern die belgische Regierung hat die Teilnahme der belgi-
schen Zivilbevölkerung an dem Kampfe offen ermutigt und seit langem
sorgfältig vorbereitet. Die selbst von Frauen und Geistlichen in diesem
Guerillakrieg begangenen Grausamkeiten, auch an verwundeten Sol-
daten, Aerztepersonal und Pflegerinnen (Aerzte wurden getötet, Laza-
rette durch Gewehrfeuer angegriffen), waren derartig, daß Meine
Generale endlich gezwungen waren, die schärfsten Mittel zu ergreifen,
um die Schuldigen zu bestrafen und die blutdürstige Bevölkerung von
der Fortsetzung ihrer schimpflichen Mord= und Schandtaten abzuschrecken.
Einige Dörfer und selbst die alte Stadt Löwen, mit Ausnahme des
schönen Stadthauses, mußten in Selbstverteidigung und zum Schutze
Meiner Truppen zerstört werden. Mein Herz blutet, wenn Ich sehe,
daß solche Maßregeln unvermeidlich geworden sind, und wenn Ich an die
zahllosen unschuldigen Leute denke, die ihr Heim und Eigentum ver-
koren haben, infolge des barbarischen Betragens jener Verbrecher.
Wilhelm I. R.
Inzwischen mehren sich unaufhörlich die Zeugnisse für die allgemeine
Verwendung von Dum-Dum-eschossen bei unseren Gegnern. So besagt
eine vom 8. September datierte amtliche Meldung aus dem Großen
Hauptquartier: Immer wieder finden unsere Truppen auf der ganzen
Front bei den gefangenen Franzosen und Engländern Dum-Dumeschosse
in fabrikmäßiger Verpackung, so wie sie von der Heeresverwaltung ge-
liefert sind. Diese bewußte grobe Verletzung der Genfer Konvention
kann nicht scharf genug verurteilt werden. Das Vorgehen Frankreichs und
Englands wird Deutschland schließlich zwingen, die barbarische Krieg-
führung seiner Gegner mit gleichen Mitteln zu erwidern.
Die Minengefahr an der englischen Ostkuste.
W.T. B. Frankfurt a. M., 8. September. Die „Frkf. Ztg.“
meldet aus Stockholm: Der Untergang des bei Northshields auf eine
Mine gestoßenen schwedischen Dampfers „St. Paul“ hat großen Eindruck
17°