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Ich gedenke am heutigen Tage ganz besonders herzlich Deiner in Er-
innerung vergangener Zeiten. Der Verewigte, dessen Geburtstag wir so
oft zusammen feierten, und der die große Zeit vor 44 Jahren erleben
durfte, wird wohl segnend aus einer anderen Welt die gewaltigen Taten
des deutschen Heeres betrachten und im Geiste mit uns allen sein. Wie
würde ihn die neue große einmütige Erhebung Deutschlands gefreut haben!
Wilhelm.
Die Dum-Dum-Barbarei.
Berlin, 9. September. In den Taschen gefangener französischer
Soldaten, insbesondere bei Schirmek, Montmédy und Longwy, hat man
zahlreiche Stahlmantelgeschosse gefunden, die auf maschinellem Wege an
der Spitze mit einer 5 Millimeter weiten und 7 Millimeter tiefen Bohrung
versehen sind. Bei Fort Longwy ist eine maschinelle Einrichtung vor-
gefunden, die dazu gedient hat, die Geschosse fertiger Patronen in der
bezeichneten Weise zu verändern; auch sind dort ganze Kisten mit solchen
Patronen erbeutet worden. Es unterliegt daher keinem Zweifel, daß
Patronen in dieser Form von der französischen Heeresverwaltung an
Truppen ausgegeben sind. Bei derartigen Hohlspitz-Geschossen, die im
allgemeinen unter dem Namen Dum-Dum-eschosse bekannt sind, tritt beim
Aufschlagen der weichere Bleikern vorn heraus, schlägt sich breit und ver-
ursacht dadurch besonders grausame und mit unnötigen Leiden verbundene
Verwundungen; das gleiche gilt von dem aufgerissenen Geschoßmantel, der
schwere Zerreißungen körperlicher Gewebe hervorruft.
Andere bei gefangenen Franzosen vorgefundene Patronen sind teils
durch Einkerben mit stark hervortretenden Graten versehen, teils an den
Spitzen abgekniffen, teils sogar gespalten. Militärische Untersuchung hat
festgestellt, daß Mannschaften auf Befehl ihrer Offiziere Patronen in dieser
Weise behandelt haben. Auch Geschosse dieser Art können ähnliche un-
nötige Verwundungen verursachen wie sogenannte Dum-Dum-eschosse.
Der Gebrauch aller solcher Geschosse ist nach völkerrechtlichen Grundsätzen
verboten, insbesondere nach Artikel 23, Abs. 16e Haager Landkriegsordnung
und nach Haager Erklärung vom 29. Juli 1899, betreffend Verbot von
Geschossen, die ch leicht im menschlichen Körper ausdehnen oder platt-
drücken. (W.T.B.)
Ein Protest des amerikanischen Botschafters bei der franzöfischen
Regierung.
Newyork, 9. September. Der Botschafter der Vereinigten Staaten
in Paris, Herrik, dem der Schutz der noch in Frankreich befindlichen deut-
schen und österreichisch-ungarischen Staatsangehörigen übertragen ist, hat
bei dem französischen Minister des Auswärtigen, Delcassé, einen energischen
Protest gegen die grausame und menschenunwürdige Behandlung der in
französischer Gefangenschaft befindlichen Deutschen sowie Oesterreicher und
Ungarn erhoben. Delcafsé hat dem amerikanischen Botschafter Abhilfe
diesrr allem Völkerrecht widersprechenden Uebelstände zugesagt.
Die deutsche „Schwenkung nach Süden“.
Köln, 8. September. Von der holländischen Grenze meldet die
„Köln. Ztg.“ über die Vorgänge in Paris laut Meldungen des Amster-
damer Telegraaf folgendes: Sachverständige sehen das Ziel der deutschen
Operation in einer Vernichtung des Feldheeres, während der Einnahme