Full text: Der Weltkrieg 1914. Band 1. (1)

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Für mein Telegramm habe ich den Weg via Stockholm über den 
Nordisk-Kabel benutzt, da er sicherer ist als der andere. Diesen Bericht 
vertraue ich einem Privatkurier an, der ihn in Deutschland zur Post 
geben wird. 
Genehmigen Sie, Herr Minister, die Versicherung meiner größten 
Ergebenheit. gez.: B. de I Escaille. 
Unsere Feinde erklären heute, so sagt die „Nordd. Allg. Ztg.“ zu diesem 
Brief mit Recht, verleumderisch und unter geflissentlicher Verdrehung 
der wahren Tatsachen, aller Welt, die Mächte der Tripleentente hätten 
bis zum letzten Augenblicke nur die Erhaltung des Weltfriedens im Auge 
gehabt, seien aber durch Deutschlands schroffes, jede Verständigung un- 
möglich machendes Verhalten zum Kriege gezwungen worden; Deutschland 
habe eben in seiner wilden Eroberungsgier unter allen Umständen den 
Krieg gewollt. Demgegenüber ist das vorliegende Dokument als Beweis 
dafür wertvoll, daß man in diplomatischen Kreisen Petersburgs noch am 
30. Juli, also zwei Tage vor der deutschen Mobilmachung, die Ueberzeugung 
hatte, Deutschland habe sich sowohl in Wien wie in Petersburg die größte 
Mühe gegeben, den österreichisch-serbischen Konflikt zu lokalisieren und 
den Ausbruch eines allgemeinen Weltbrandes zu verhindern. Es ist 
ferner wertvoll als Beweis dafür, daß dieselben Kreise schon damals über- 
zeugt waren, England habe durch die Zusicherung, es werde in einem 
etwaigen Kriege nicht neutral bleiben, sondern Frankreich gegen Deutsch- 
land beistehen, der russischen Kriegspartei den Rücken gestärkt und damit 
wesentlich zur Provozierung des Krieges beigetragen: Und schließlich ist 
dieses Dokument auch noch deshalb für uns von Interesse, weil sein 
diplomatischer Verfasser seiner Regierung berichten zu sollen glaubte, er 
halte die Versicherungen Rußlands, nur in einzelnen Gouvernements 
würden die Truppen zu den Fahnen gerufen, eine allgemeine Mobil- 
machung finde aber nicht statt, für Schwindel. 
Churchill über den Ausfall des Krieges. 
„Wenn Deutschland sient...“ 
Stockholm, 12. September. Aus London wird gemeldet: Vor 
einiger Zeit hatte William G. Shepherd eine Unterredung mit dem eng- 
lischen Marineminister Churchill. Shepherd frug den Minister, was seiner 
Meinung nach die Ursache zum Kriege gewesen sei. Hierauf antwortete 
Churchill, daß seiner Meinung nach der Krieg durch die preußische Militär- 
aristokratie hervorgerufen sei, welche nach der Herrschaft über die ganze 
Welt strebe; und der Minister fügte noch hinzu: 
„Mit kurzen Worten gesagt, ist dies genau derselbe alte Kampf wie 
vor 100 Jahren gegen Napoleon. Nur die Gruppierung der Mächte ist 
anders. Die Umstände sind anders und die Ursache zum Kriege war eine 
andere; aber das Resultat bleibt dasselbe. Wir wollen mit dem preußi- 
schen Militarismus aufräumen. England steht neben dieser ungeheuer 
wachsenden Macht im Wege. Mit unsern maritimen und finanziellen Hilfs- 
mitteln stehen wir dieser ungeheuren Heeresmacht, welche sich nicht mit 
den europäischen Grenzen zufrieden geben will, im Wege. Mr. Shepherd 
frug, ob der Minister glaube, daß nach Kriegesschluß die allgemeinen 
Rüstungen vermindert würden. Darauf antwortete der Minister: „Das 
hängt vom Ausfall des Krieges ab. Wenn das GElück mit uns ist und 
wenn als Folge davon, Europa soviel wie möglich mit Rücksicht auf die 
20“
	        
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