Full text: Der Weltkrieg 1914. Band 1. (1)

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Selbst wenn jedes Wort im englischen Weißbuch wahr ist, fehlt doch die 
weitere Beweisführung. Es sei zugegeben, daß Grey in den Tagen, die 
dem Krieg unmittelbar vorausgingen, für den Frieden arbeitete. Das war 
aber zu spät; er hatte selbst viele Jahre lang mit den anderen Diplomaten 
den Abgrund gegraben, und ein wahres weises Staatsmann-Genie hätte 
das sichere Resultat vorausgesehen und vermieden. Nicht die serbische oder 
die belgische Frage hat dieses Land in den fürchterlichen Kampf geworfen. 
Großbritannien steht nicht im Kampf für unterdrückte Nationen oder für 
Belgiens Neutralität. Wäre Frankreich durch Belgien in Deutschland ein- 
gerückt, wer glaubt da, wir hätten Feindseligkeiten gegen Frankreich er- 
öffnet? Hinter dem Rücken von Parlament und Volk gab Grey Frankreich 
heimliche Versprechen, deren Existenz er leugnete, wenn er gefragt wurde. 
Darum steht dieses Land nun im Angesicht des vollständigen Ruins und 
der stahlharten Notwendigkeit des Krieges. Verträge und Abmachungen 
haben Frankreich gezwungen, sich ins Schlepptau nehmen zu lassen vom 
despotischen Rußland und England von Frankreich. Aber jetzt kommt das 
alles zutage, und die Männer, die die Verantwortung tragen, sollen zur 
Rechenschaft gezogen werden. England hat sich selbst hinter Rußland ge- 
stellt, die reaktionärste, korrumpierteste und unterdrückteste Macht in 
Europa. Läßt man Rußland seine territorialen Wünsche befriedigen und 
seine Kosakenmacht ausdehnen, so läuft die Zivilisation und die Demokratie 
aZntlich Gesahr und dafür hat England das Schwert gezogen!“ (Voss. 
tg., 14. Sept. · 
Der belgische Generalstab verläßt Antwerpen. 
Berlin, 12. September. Nach einer Rotterdamer Meldung der 
„Voss. Ztg.“ ist der belgische Generalstab von Antwerpen mit unbekanntem 
Ziele abgereist. (W.T. B. 
König Karl an Kaiser Wilhelm. 
W.T.B. Wien, 12. September. Die „Reichspost“ erfährt aus 
Bukarest: Die Meldung, daß König Karl an den Deutschen Kaiser ein in 
warmen Worten abgefaßtes Telegramm abgeschickt habe, wird hier dahin 
berichtigt, daß der König dem Kaiser nicht ein Telegramm, sondern ein 
langes, sehr herzliches Privatschreiben sandte. 
Bulgarien weist russische Anerbietungen zurück. 
Sofia, 13. September. Dem Blatte „Dnewmnik“ zufolge soll die 
russische Regierung der bulgarischen Regierung für den Fall der militäri- 
schen Unterstützung Serbiens gegen Oesterreich-Ungarn als Kompensation 
die Stadt Ischtip mit dreihundert Quadratkilometer Umgebung versprochen 
haben, nachdem Serbien vorher Rußland vollkommen freie Hand gelassen 
hatte, Bulgarien Gebietsabtretungen anzutragen. „Dnewnik“ erklärt, daß 
die maßgebenden bulgarischen Kreise sich gegenüber allen Versuchen, Bul- 
garien in Abenteuer zu verwickeln, vollkommen gleichgültig verhalten. Das 
Blatt fügt hinzu, daß die russische Diplomatie, unter deren Patenschaft der 
serbisch-bulgarische Bündnisvertrag zustande kam, es am wenigsten nötig 
hätte, heute ähnliche Bettelanträge zu stellen. Das Blatt „Utro“ sagt 
hierzu: „Rußland und Serbien wollten sich, nachdem sie im vorigen Jahre 
Bulgarien gedemütigt hatten, heute über Bulgarien lustig machen, indem 
sie ihm einen Brosamen von ihrer Tafel anbieten. Es wird jedoch der Tag
	        
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