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Ein neuer serbischer Vorstoß.
Esseg, 14. September. Die „Slawonische Presse“ bringt folgende
Mitteilung aus Ruma vom 9. September: Die serbischen Truppen über-
schritten gestern mittag in Stärke einer Division die Sawe und drangen in
unser Gebiet ein. Die österreichisch-ungarischen Truppen waren sofort zur
Stelle und nahmen den Kampf mit dem Feinde auf. (Tägl. Rundschau,
15. Sept.)
Englands Furcht vor einem indischen Aufstand.
Stockholm, 13. September. Aus London melden „Göteborgs
Morgenpost“ die erste englische Bestätigung des indischen Aufstandes: Ob-
gleich man der Presse für das Publikum bestimmte, schöngefärbte Berichte
herausgibt, verhehlen die maßgebenden englischen Stellen nicht, daß sie bis
vor wenigen Tagen die Situation in Indien völlig verkannt haben, und
daß die ausgebrochene Meuterei zu ernster Besorgnis Veranlassung gibt.
(Nat.--Ztg., 15. Sept.)
Erfolglose Vermittelung der Vereinigten Staaten.
Zürich, 13. September. Die Pariser Ausgabe des „New Vork
Herald“ will wissen, die Vereinigten Staaten hätten bereits den ersten
Versuch einer friedlichen Vermittelung gemacht, der aber erfolglos ge-
blieben sei. In Kürze soll ein erneuter Versuch gemacht werden. Die
belgische Sonder-Gesandtschaft, die nach den Vereinigten Staaten abgesandt
worden ist, um über die Verletzung der belgischen Neutralität Klage zu
führen, und zu der auch der neuernannte sozialistische Minister Vandervelde
gehört, ist in Newyork angekommen und hat sofort die Reise nach
Washington angetreten. (Deutscher Kurier, 14. Sept.)
Eine neue Bloßstellung der belgischen Regierung.
Ein Ingenieur einer großen Magdeburger Firma, der Anfang August
in Brüssel weilte, teilt der „Magedburgischen Zeitung“ folgende, bisher
noch nirgends berührte Tatsache mit, die auf das Verhalten der belgischen
Regierung ein eigenartiges Licht wirft:
Am Montag nach der Kriegserklärung, am 3. August, war in Brüsseler
Zeitungen die Wiedergabe des deutschen Ultimatums an Belgien in derart
schroffer, mir völlig unverständlicher Form enthalten, daß mir an der Rich-
tigkeit des Inhalts Zweifel auftauchten. Da jedoch alle Blätter den
gleichen Wortlaut veröffentlichten, mußte man schon an die Zuverlässigkeit
der Nachricht glauben, um so mehr, als auch das XX. Siecle, das gerade
in der Zeit der größten politischen Spannung, Ende Juli, einige Artikel
von anerkennenswerter und uns Deutschen wohltuender Sachlichkeit über
die diplomatischen Notenaustausche gebracht hatte, das Ultimatum in der
gleichen Fassung in großen Lettern, die halbe Titelseite umfassend, seinen
esern bekanntgab. Dieses „Ultimatum“ aber besagte in kürzester
Fassung: Deutschland verlangt von Belgien die Unterstellung seiner Streit-
kräfte unter ein deutsches Oberkommando und gemeinsamen Kampf gegen
Frankreich! Das war eine für das numerisch zur Hälfte, gefühlsmäßig drei-
viertel und politisch ganz französische Belgien so ungeheuerliche Forderung,
daß wir in Brüssel ansässigen Deutschen auf alles gefaßt waren. Das in
dieser Form dem Volke von der französischen und belgischen Presse dar-
gereichte Ultimatum hat die besonnene Brüsseler und belgische Bevölkerung
in eine wohl zu verstehende heiße Verbitterung gegen alles Deutsche gehetzt.