— 347 —
ausgehalten und dann das Schiff gesprengt. Die Ehre der Flagge ist un-
verletzt. Den Besatzungsteilen des Schiffes ist der Inhalt Ihres Schrei-
bens zur Kenntnis gebracht worden.
gez.: Heinrich, Prinz von Preußen.
(Berl. Tagebl., 15. Sept.)
Eine deutsche Proklamation im Königreich Polen.
Crfxzellenz Generalleutnant v. Morgen, bis zum Ausbruche des Krieges
Kommandeur der 81. Infanteriebrigade in Lübeck, hat an einen Lübecker
Herrn einen Brief gesandt, dessen Veröffentlichung vom Lübecker Garnison=
kommando genehmigt worden ist. Es heißt darin u. a.:
„Sie sehen aus meiner Proklamation, daß wir in gutem Fortschreiten
find. Die Schlacht am 27., 28. und 29. August war heiß. Ich kämpfte mit
meiner Division gegen dreifache Ueberlegenheit, schlug am 28. das 15. rus-
sische Korps und griff am Abend desselben Tages noch das 13. russische
Korps erfolgreich an. Beide kommandierende Generale fielen in unfre
Hände. Am 29. verfolgte ich bis zur totalen Erschöpfung meiner Leute.
Die Russen bekamen das Rennen. Aber das nützte ihnen nichts. Sie
wurden eingekesselt und total vernichtet. Ich kann mich aus der Kriegs-
geschichte nicht erinnern, daß im freien Felde jemals eine Armee derart
aufgerieben wurde. Bis gestern, 3. September, waren 92 000 Gefangene
gemacht, etwa 300 Geschütze gewonnen. Meine Verluste waren aber auch
schwer. Das Armeeoberkommando hat unfre Leistungen besonders an-
erkannt. Am 228. kostete mich der Sturm auf Gröbnitz die meisten Opfer.
Meine Leute schlugen sich wie die Löwen. Ich bin stolz und glücklich und
ganz in meinem Elemente.
Ihr aufrichtig ergebener
G. v. Morgen.“
Die in diesem Schreiben erwähnte Proklamation lautet:
Proklamation. .
Einwohner des Gouvernements Lomza und Warschaul
Die russische Narew-Armee ist vernichtet. Ueber 100 000 Mann mit
den kommandierenden Generalen des 13. und 15. Armeekorps sind ge-
fangen, 300 Geschütze genommen worden.
Die russische Wilna-Armee unter General Rennenkampf ist im Rück-
zuge in östlicher Richtung. Die österreichischen Armeen sind im siegreichen
Vorrücken von Galizien her. Die Franzosen und Engländer sind in Frank-
reich vernichtend geschlagen worden. Belgien ist unter deutsche Verwaltung
getreten. Ich komme mit meinem Korps als Vorhut weiterer deutscher
Armeen und als Freund zu Euch. Erhebt Euch und vertreibt mit mir die
russischen Barbaren, die Euch knechteten, aus Eurem schönen Lande, das
seine politische und religiöse Freiheit wiedererhalten soll. Das ist der
Wille meines mächtigen und gnädigen Kaisers. Meine Truppen sind an-
gewiesen, Euch als Freunde zu behandeln. Wir bezahlen, was Ihr uns
liefert. Von Euch und Eurer bekannten ritterlichen Gesinnung erwarte
ich, daß Ihr uns als Verbündete gastfreundlich aufnehmt.
Generalleutnant v. Morgen.
Gegeben im Königreich Polen im September 1914.
(Kreuz-Ztg., 16. Sept.)