Full text: Der Weltkrieg 1914. Band 1. (1)

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verhaftet erklärt mit dem Gemeindeschreiber, nach einigen Verhand- 
lungen aber wieder freigelassen. Auf Befehl des Kommandanten wird 
ausgetrommelt: 
1. Jedes Haus muß eine weiß-rote (elsässische) und daneben eine rot- 
weiß-blaue Fahne heraushängen. 
2. Die arbeitsfähigen Männer mühssen in den Schanzgräben helfen. 
3. Die französische Zeit wird eingeführt. 
4. Es ist verboten, nach 9 Uhr die Gemeinde zu verlassen. 
5. Alle Landkarten müssen abgeliefert werden. 
6. Der Preis des Liters Wein wird für die Soldaten auf 60 Cen- 
times (48 Pf.) festgesetzt. 
Die Soldaten kampieren, treten in Häuser ein, um Fleisch zu kochen. 
Die Bevölkerung schaut ihnen in banger Zurückhaltung ferne zu. Man 
befürchtet blutige Kämpfe. 1 
22. August. Es wird die Verhaftung verschiedener Personen vor- 
genommen, darunter fünf altdeutsche Frauen. Man hört Schießen von 
einer Schlacht. 
23. August. Freilassung der Verhafteten, einer wird von den ab- 
ziehenden Truppen mitgenommen. Fortsetzung der Schlacht. Kanonen= 
donner. In der Nähe erscheinen deutsche Patrouillen bis zum Bahn- 
hof. Die französischen Fahnen werden von den Häusern entfernt. 
24. August. Die Franzosen rücken wieder ein und besetzen die An- 
höhen. Eine Reihe von Verhaftungen. Sie werden abgeführt mit einem 
Strick um den Hals. Der Bürgermeister wird ebenfalls abgeführt, angeb- 
lich, weil er die französischen Fahnen hat wegnehmen lassen. 
Der Kommandant läßt austrommeln, daß jeder, der dem Feinde, 
d. h. den Deutschen, irgendwelche Nachrichten übermittelt, sofort erschossen 
wird. Alle deutschen Schilde werden entfernt und durch französische er- 
setzt: Aubergne, Police usw. 1 
25. August. Der Bürgermeister von Urbach (Nachbargemeinde) 
wurde verhaftet. Als einem hiesigen Bürger ein Knabe geboren wurde 
und der Vater die Eintragung in das Zivilstandsregister vornehmen ließ. 
wuterschrieben Kapitän Desmoulins und der Leutnant Bertrand als 
eugen. 
28. August. Die Deutschen rücken wieder ein und alles atmet auf, 
daß die Dinge so ruhig und ohne Schlacht und Beschädigung bei uns vor- 
übergegangen sind. Bürgermeister Weibel wurde auch wieder frei. 
(Tägl. Rundschau, 16. Sept.) 
Das ziel des Krieges. 
Die „Nordd. Allg. Ztg.“ vom 17. September schreibt: 
„In dem Lügenfeldzug, der den Krieg des Dreiverbandes gegen 
Deutschland begleitet, treten seit einiger Zeit auch Meldungen über ein 
deutsches Friedensbedürfnis auf, die sich mehr und mehr zuspitzen. Bald 
wird von einer angeblichen Aeußerung des Reichskanzlers über Deutsch- 
lands Geneigtheit zum Friedensschluß gesprochen, worauf Grey durch 
Vermittlung Amerikas eine stolze Antwort erteilt habe. Bald heißt es. 
der deutsche Botschafter in Washington bemühe sich, Frieden für Deutsch- 
land zu erlangen. Die Neutralen sollen durch solche Ausstreuungen den 
Eindruck empfangen, das Deutsche Reich sei kampfesmüde und werde sich 
wohl oder übel den Friedensbedingungen des Dreiverbandes fügen
	        
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