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Willdorf bei Jülich mit der Bahn an und vom 12. August ab marschieren
wir mit einem einzigen Ruhetag — am 16. August in einem belgischen
Dorfe unweit Lüttich — bis heute, wo wir dicht bei . . sind. Das sind
Märsche der .. . Armee, wie sie bisher in der Kriegsgeschichte noch nicht
dagewesen sind. Das Wetter war schön, nur brannte siedende Hitze auf
uns nieder. Das Regiment hat mehrmals 50 Kilometer als Tages-
leistung zu verzeichnen. Ueberall erregte unsere Ankunft höchstes
Erstaunen, so in Löwen und in Brüssel, wo auf einmal das ganze
einrückte. Wir wurden zuerst und auch jetzt noch in jedem Dorfe für
Engländer gehalten, weil die Leute nicht begreifen können, daß wir schon
da sind. Die Belgier steckten übrigens in der letzten Zeit ihre Dörfer
fast immer selbst in Brand. Am 24. August traten wir zuerst ins Gefecht:
ich führte eine kombinierte Brigade, bestehend aus ... Das Regiment
hat sich glänzend geschlagen und ist trotz der kolossalen Anstrengungen in
bester Stimmung und kampfesfreudig. Ich war an diesem Tage dauernd
im schärfsten Gewehr= und Geschützfeuer. Seitdem gibt es fast täglich
kleinere Gefechte und stets riesige Märsche; der Feind läuft mit Sieben-
meilenstiefeln vor uns her. Am 26. August hatten wir einen Marsch von
genau 23 Stunden, von früh ½7 bis zum nächsten Morgen ½6 Uhr.
Dabei sollte ich mit dem Regiment über eine Brücke, um eine Stellung
zum Schutze eines Brückenbaues einzunehmen; die Brücke war aber, wie
wir rechtzeitig feststellten, mit Minen belegt — 20 Minuten darauf flog
sie in die Luft. Nach dreistündiger Ruhe auf einem Stoppelfeld, nachdem
wir alle aus der Feldküche gemeinsam mit den Mannschaften — wie
überhaupt fast immer — gegessen hatten, ging es weiter bis zur Dunkel-
heit. Die Stimmung ist vorzüglich. Ich habe für heute nacht ein richtiges
Bett, ich glaube das viertemal im Krieg; seit acht Tagen habe ich mich
heute das erstemal ausgezogen.“ (Germania, 426, 17. September.)
Zurückhaltende französische Urteile über die Schlachtlage.
Kopenhagen, 17. September. Die offiziellen französischen Be-
richte über die Schlachtlage warnen vor übereiltem Optimismus. Trotz-
dem haben sich bereits Herr Poincaré und der gar in schwungvollen Tele-
grammen beglückwünscht. Sehr reserviert schreibt der „Temps“ in einem
Leitartikel über die militärische Situation: „Man darf nicht glauben,
daß mit dem Rückzug der Deutschen alles entschieden ist. Die Deutschen
werden den Kampf fortsetzen bis auf den letzten Mann. Dabei haben
die Deutschen den Vorteil, gegen die Grenzen des eigenen Landes zurück-
zugehen, wo sie mit frischen Mannschaften und Zufuhren versehen werden.
Unsere Truppen müssen den Deutschen auf Gebiete folgen, die sie
selbst verwüstet haben, um den Deutschen ihr Vorrücken zu erschweren,
und die Deutschen werden diese Zerstörungen besonders an Eisenbahnen
selbstverständlich vollenden. Dazu kommt, daß unsere Truppen ganz er-
schöpft von einem zwanzigtägigen Marsch und Kampf sind. Wir dürfen
uns daher nicht allzu große Illusionen machen von den Kämpfen, die nun
bevorstehen. (Berl. Tageblatt, 473, 17. September.)
König Albert schlecht unterrichtet.
Der Korrespondent des Londoner „Daily Chronicle“ in Antwerpen
ist vom König der Belgier in Audienz empfangen worden. Der König