Full text: Der Weltkrieg 1914. Band 1. (1)

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existieren. Wie schnell würden die Schmeicheleien, mit denen Rußland 
die Balkanvölker umgarnen will, der Verwirklichung der Drohungen 
weichen, die schon jetzt jedesmal gegen sie ausgestoßen werden, wenn sie 
wagen, ihre Politik nur nach eigenem Vorteil zu machen. 
Leicht wird, so schließt das „Fremdenblatt“, die Nachwelt klar er- 
kennen, warum Rußland, welches ein Staat gegen seine Nationalitäten 
war, gegen Oesterreich, welches der Staat für seine Nationalitäten ist, 
gekämpft hat. Wie aber werden die Geschichtsschreiber kommender Zeiten 
sich erklären können, daß England und Frankreich an der Seite des 
russischen Völkerwürgens kämpfen konnten? Daß Rußland in der Stunde, 
da es von seinen Unterdrückten Treue und Waffendienst verlangte, ihnen 
die bürgerliche Gleichberechtigung und Freiheit im Gebrauche der Mutter- 
sprache und im Bekennen des Väterglaubens versprechen mußte, was es 
ihnen bisher versagte, enthüllt die Wahrheit über Rußland und die 
große Schmach Englands und Frankreichs. 
Tilfit nach Vertreibung der Russen. 
Der Oberbürgermeister von Tilsit hat nach dem Abzuge der Russen 
folgende öffentliche Bekanntmachung erlassen: 
Bürger! 
Drei Wochen haben wir unter russischer Befehlsgewalt gelebt, die 
uns eine Ewigkeit schienen. Jetzt wehen wieder unsere preußischen und 
deutschen Fahnen vom Rathause, Mit Gottes gnädigem Beistand sind 
wir durch unsere braven Truppen von schwerer Bedrängnis befreit. Die 
helleuchtende Freude und der Jubel gestern werden unsern Soldaten 
gezeigt haben, wie sehnsüchtig sie erwartet und wie dankbar sie empfangen 
sind. Unseren braven Soldaten im Namen der Bürgerschaft aus tiefstem 
Herzen kommenden Dank! 
Zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung in der Stadt haben 
zum Teil strenge Maßregeln ergriffen werden müssen. Die Einsichtigen 
werden einsehen, daß dieses nötig war, und daß wir der Aufrechterhal- 
tung der Ruhe und Ordnung die Erhaltung der Stadt verdanken. Allen, 
die an diesem Werke mitgeholfen haben, danke ich im Namen der Stadt. 
6 Unser Kaiser und König, unser Vaterland und unser tapferes Heer: 
urra! 
Tilsit, den 13. September 1914. 
Der Oberbürgermeister. 
Pohl. 
(Deutsche Tgsztg. 475. 19. Sept.) 
Französische Auffassung von der Lage an der Westfront. 
Sehr interessant ist es, die vorgestern abend und gestern mittag 
hierher gelangten Mitteilungen unseres Großen Hauptquartiers über 
die Kämpfe an der Oise und der Marne mit den aus französischer 
Quelle stammenden Nachrichten über diesen Schlachtenkomplex zu ver- 
gleichen: 
Genf, 18. September, 9 Uhr 20 Minuten vorm. 
Nach Privatmeldungen aus Paris bewährte die deutsche Höhen- 
stellung nördlich des Aisneflusses sich gestern vorzüglich. Die Verluste 
des englischen Korps, dem der gestrige Hauptangriff galt, waren be-
	        
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