Full text: Der Weltkrieg 1914. Band 1. (1)

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Mitternacht befahl Rußland, ohne sich weiter um die Unterhandlungen, 
die es selbst begonnen hatte, zu kümmern, die Mobilmachung, und der 
Krieg war da. 
Cabasino-Renda weist dann nach, daß die starke Unterstützung, die 
Deutschland der österreichischen Regierung gewährte, aus der Ueber- 
zeugung hervorging, daß der Ruin Oesterreich-Ungarns auch der Deutsch- 
lands sei, wie der Ruin Deutschlands auch denjenigen Italiens nach sich 
ziehen würde, und kommt dann auf die Haltung Englands zu sprechen. 
„Man sagt, indem England Belgien verteidigte, habe es das Völker- 
recht geschützt. Aber seit wann ist das vereinigte Königreich so weich- 
herzig gegen das Recht der Völker? Seit es in Friedenszeiten Kopen- 
hagen angriff und die dänische Flotte vernichtete? oder seit es die Unab- 
hängigkeit der Buren zerstörte? Hier hat man sofort verstanden, daß es 
so zärtlich die Neutralität Belgiens vertritt, weil sie für Deutschland 
ein Hindernis für den Krieg bedeutete oder weil es den Neutralitäts- 
bruch Frankreich vorbehalten wollte. Diesen zweideutigen,schlauen Plan 
hat die deutsche Regierung mit einem Schlage umstürzen wollen. Sie 
hat einen sofortigen Bruch vorgezogen, der ihr wenigstens den Vorteil 
bringt, sich durch Belgien den Weg zum Siege zu bahnen. So kämpft 
man jetzt offen. Man muß zugeben, daß der österreichisch-serbische Kon- 
flikt, die Ermordung Franz Ferdinands, den gleichen Zusammenhang mit 
diesem Kriege haben, den die hohenzollernsche Thronkandidatur mit 
dem Siebziger Kriege gehabt hat. 
Die Verteidigung Belgiens durch England, die Beschützung Serbiens 
durch Rußland sind Vorwände, denen jede Berechtigung und Ueberzeu- 
gungzkraft fehlt. Der Krieg richtet sich gegen Deutschland allein. Man 
hat um dieses Land ein Netz von Verschwörung feindlicher Kräfte ge- 
woben. Deutschland kämpft mit Feuer und wütender Leidenschaft und 
dieht auch die Feinde in den Kampf, die gern lauernd zur Seite gestanden 
hätten, denn es gilt zu fiegen oder zu sterben, und es wird siegen! 
(Tägl. Rdsch. 446. 18. Sept.) 
Martos will nicht Martos sein. 
Halle, 18. September. (Eigene Drahtmeldung.) General Martos 
konnte noch nicht vor ein Kriegsgericht gestellt werden, da er behauptet, 
nicht General Martos zu sein. Ein ihn begleitender russischer Major, 
welcher nachweislich auf deutsche Sanitätsoffiziere geschosseen hatte, wurde 
vom Kriegsgericht zu Halle zum Tode verurteilt. 
(Tägl. Rdsch. 447. 19. Sept.) 
Von den Kämpfen an der Aisne. 
(Französische Schlachtberichte.) 
In Paris wird immer deutlicher zugegeben, daß die Offensive des 
Generals Joffre zunächst zum Stillstand gekommen ist. Privattelegramme 
melden dem „Berl. Lok.-Anz.“: 
Rotterdam, 18. September, 10 Uhr 15 Min. vorm. Eine fran- 
zösische amtliche Mitteilung von gestern nachmittag 3 Uhr besagt: Ueber 
die ganze Front von der Oise bis zur Maas dauert die Schlacht an. 
Die Deutschen halten die Stellungen besetzt, welche auf Verteidigung 
hergerichtet und mit schweren Geschützen versehen sind. Am französischen 
linken Flügel sind die Deutschen, welche auf jener Seite die Höhen nördlich
	        
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