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Der Brief hat scheinbar nur infolge eines Zufalles die russische Zensur
unbemerkt passiert und traf am 31. Juli hier ein. Der Brief lautet:
„Bestätige mein heutiges Telegramm ... Bei den jetzigen Zeiten
muß man alles befürchten. Wir stehen hier im Zeichen der Mobilisation.
Militär und Militär und weiter nichts! Allem Anschein nach müssen wir
auch bald die Koffer packen. Kowno muß bis Freitag von den Fremden
verlassen sein. Seit vorigem Freitag gehen jede Nacht 7 bis 8 Züge Mili-
tär dahin, meistens Artillerie. (Frankf. Ztg., 19. Sept.)
Weitere Erfolge in West und Ost.
W.T.B. Großes Hauptquartier, 19. September, 12,34 abds.
Die Lage im Westen ist im allgemeinen unverändert. Auf der ganzen
Schlachtfront ist das englisch-französische Heer in Verteidigung gedrängt.
Der Angriff gegen die starken, zum Teil in mehreren Linien hinterein-
ander befestigten Stellungen kann nur langsam vorwärts gehen.
Die Durchführung des Angriffs gegen die Sperrfortslinie südlich
Verdun ist vorbereitet.
Im Elsaß stehen unsere Truppen längs der Grenze französischen
Kräften dicht gegenüber.
Im Osten ist am 17. September die vierte finnländische Schützen-
brigade bei Augustow geschlagen. Beim Vorgehen gegen Ossowicz wurden
Grajewo und Szozuczyn nach kurzem Kampf genommen.
Die Vorgänge vor Kriegsausbruch.
Angaben des früheren englischen Botschafters
in Wien.
Das englische Auswärtige Amt veröffentlicht ein langes Telegramm
Sir Maurice Bunsens, des englischen Botschafters in Wien, das sich mit
den Vorgängen vor dem Kriegsausbruch beschäftigt. Bunsen betont, daß
selbst nach der Ablehnung der serbischen Antwort durch Oesterreich die
Verhandlungen zwischen Oesterreich und Rußland noch in vollkommen
freundschaftlichem Tone fortgesetzt wurden, bis zum 1. August. Es schien
als ob alles gut enden würde und man war sicher, daß die zwei Regie-
rungen eine Verständigungsbasis finden würden. An dem Tage unter-
richtete der russische Botschafter Schebeko Sir Maurice Bunsen, daß Graf
Szapary, der österreichische Botschafter in Petersburg, Sasonoff mitgeteilt
habe, Oesterreich wolle diejenigen Punkte seiner Note an Serbien, die den
Eindruck erweckten, gegen die serbische Unabhängigkeit gerichtet zu sein,
einer Vermittlung zu unterwerfen. Unglücklicherweise wurde dieser
freundschaftliche Gedankenaustausch zwischen Oesterreich-Ungarn und Ruß-
land durch Deutschland abgebrochen, das am 31. Juli mit dem Ultimatum
an Rußland und Frankreich kam. Bunsen fügt hinzu, daß nach seiner Mei-
nung eine Pause von einigen Tagen Europa sicher den größten Krieg der
Geschichte gepart hätte. — (Man wird ja, nachdem man das deutsche
Machtehte gelesen hat, diese (Ran- Geschichtsklitterung entsprechend be-
werten.) (Nat.-Ztg. 221, 20. Sept.)
Die Engländer in Deutsch-Neuguinea.
Nach zuverlässigen Meldungen ist nunmehr, wie zu erwarten war, auch
Rabaul, der Sitz des Gouvernements von Deutsch-Neuguinea, von den
Engländern besetzt worden. (W.T. B.)