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Rom, 22. September. Die Blätter fahren fort, an hervorragender
Stelle die umwahren französischen Depeschen von der Zerstörung der Kathe-
drale von Reims abzudrucken. Die Depeschen sagen, zwanzig deutsche Ver-
wundete wären unter den Trümmern der Kathedrale verbrannt, wenn nicht
französische Aerzte und Krankenwärter unter eigener Lebensgefahr sie ge-
rettet hätten. Die römischen Künstlerkreise richten, ohne die Tatsachen näher
zu untersuchen, schwere Beschimpfungen gegen die „deutsche Barbarei“. Dies
tut namentlich der städtische Beigeordnete für Kunstangelegenheiten Bild-
hauer Appolloni, der, so oft der Kaiser nach Rom kam, sich in Katzbuckeln
vor ihm nicht genug tun konnte. Hoffentlich zieht Apolloni die logische Kon-
sequenz seiner Entrüstung und schickt den „modernen Vandalen“ die Ordens-
dekorationen zurück, mit denen er, ach so gerne, seine verschiedenen Knopf-
löcher geschmückt hat. Der Internationale Künstlerverein wird eine Protest-
versammlung abhalten. Klug und würdig verhält sich dagegen die Kunst-
akademie San Lucas, die in einer Depesche an die Berliner Kunstakademie
die Ueberzeugung ausspricht, daß die Nachricht von der Zerstörung des Doms
auf einen unglücklichen Zufall zurückzuführen sei. (Berl. Tagebl., 22. Sept.)
London, 22. September. Die „Times“ melden aus Paris: Theore-
tisch wurde das Bombardement von Reims durch die französische Artillerie
herausgefordert, die in der Stadt aufgestellt war und das deutsche Geschütz-
feuer kräftig erwiderte. Französische Soldaten lagerten in den Straßen,
in der Hauptstraße befand sich ein Artilleriepark, dahinter lag die Infan-
terie. (Lokalanz., 22. Sept.)
Erklärung der deutschen Negierung.
Die französische Regierung hat sich leider nicht vor einer verleumde-
rischen Entstellung der Tatsachen gescheut, wenn sie behauptet, daß deutsche
Truppen ohne militärische Notwendigkeit den Dom von Reims zur Ziel-
scheibe eines systematischen Bombardements gemacht hätten. Reims ist eine
„Festung“, die von den Franzosen noch in den letzten Tagen mit allen zur
Verfügung stehenden Mitteln ausgebaut worden ist und zur Verteidigung
ihrer jetzigen Stellung benutzt wird. Bei dem Angriff auf diele Stellung
wurde das Bombardement von Reims leider zu einer Notwendigkeit.
Befehle waren erteilt, die berühmte Kathedrale hierbei zu schonen. Wenn
es trotzdem wahr sein sollte, daß bei dem durch den Kampf hervorgerufenen
Brand von Reims auch die Kathedrale gelitten hat — was wir zurzeit nicht
festzustellen vermögen — so würde das niemand mehr bedauern als wir.
Schuld tragen allein die Franzosen, die Reims zur Festung und zu einem
Stützpunkt ihrer Verteidigungsstellung gemacht haben. Wir müssen ener-
gischen Protest gegen die Verleumdung erheben, daß deutsche Truppen aus
Zerstörungswut und ohne dringendste Notwendigkeit Denkmäler der Ge-
schichte und Architektur zerstören. (W.T.B.)
Elückwunsch des Kaisers an den Herzog von Cumberland.
Hannover 22. September. Die „Deutsche Volkszeitung“ veröffent-
licht an der Spitze ihres Blattes folgenden Telegrammwechsel zwischen dem
Kaiser und dem Herzog von Cumberland:
„Sr. Kgl. Hoheit, dem Herzog von Cumberland, Gmunden.
Großes Hauptquartier, 21. September.
In ernster, schwerer Zeit gedenke ich hier Deines Geburtstages, mit den
aufrichtigsten Wünschen für Dein und der Deinigen Wohl. Eott der Herr,