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ich so ein Scheusal ins Gras beißen sehen werde. Denn kein Er—
barmen mit solchen Kreaturen; das sind nur Wilde; unsere Verwun—
deten, die das Unglück haben, in ihre Hände zu fallen, werden von
ihnen unter grausamen Qualen kalt gemacht. Aber wehe dem, der
in unsere Hände fällt: der wird die Zeche für die andern bezahlen.
O, wie sehne ich mich danach, in Deutschland einzumarschieren, ich
habe mir vorgenommen, in der ersten deutschen Stadt in den nächst-
besten Juwelierladen zu gehen und mir einige hübsche Pretiosen aus-
zusuchen. Und bevor ich den Laden verlasse, will ich zwei blaue
Bohnen dem Juwelier in den Schädel jagen (1). Das soll die fran-
zösische Münze sein, auf die er nicht mehr herauszugeben braucht.
Denn man muß heute in der Tonart reden, wie sie anno siebzig mit
uns. Ich werde sie schon ausgiebig bedienen; ich habe einige hücbsche
Zuckerchen in meiner Patronentasche, die ich sie schmecken lassen werde.
Bouzy, 20. August 1914.
Liebste Brüder und Schwestern! Wir sind nahe der Grenze, und
mit ein paar Schritten sind wir in Elsaß-Lothringen. Dann aber
schnell nach Deutschland, daß ich Euch einige hübsche „Souvernirs“
kaufen kann. Denn wenn ich das Elück habe, dorthin zu kommen,
dann muß auf jeden Fall ein hübsches Geschenk her, und zahlen werde
ich mit ein paar guten Kugeln, die ich dem Händler in den Kopf jage-
Uebrigens, der erste Preuße, den ich sehe, wird gut aufs Korn ge-
nommen; mit den Scheusalen darf man kein Erbarmen haben.
Die beiden Briefe dieses Gemütsmenschen reihen sich den von uns
bereits veröffentlichten Schriftstücken dieser Art würdig an. Daß die
Franzosen aber nicht allein im Umgang mit den Feinden die echte
Nächstenliebe einer Kulturnation an den Tag legen, sondern auch dem
eigenen Verbündeten sich auf ihrer vollen Höhe zeigen, dafür ein Bei-
spiel in dem folgenden uns zugehenden Telegramm:
Rom, 4. Oktober.
Giornale d'Italia druckt einen Teil eines Briefes an das Floren-
tiner Wochenblatt Voce ab, in dem von der Art und Weise die Rede
ist, wie italienische Freiwillige in Frankreich behandelt werden. Die
italienischen Freiwilligen werden in die Fremdenlegion gesteckt und
als Kanonenfutter verwendet. Man hat ihnen als Offiziere Kor-
porale gegeben. Sie sind vielleicht gute Kerle, aber ihr erstes Prinzip
lautet: „Mir persönlich ist alles schnuppe!“ Die materiellen Bedin-
gungen sind einfach fürchterlich, so daß man alle möglichen Seuchen
erwarten darf. Drei Leute sind schon an einer verdächtigen Krank-
heit gestorben. Zehn Tage lang hat man sie mit unglaublicher Nach-
lässigkeit behandelt und ausgebildet und diese kräftigen. überzeugten
Menschen in einen Haufen Mutloser verwandelt. Der Artikel, mit
dem das Giornale d'Italia den Abdruck des Briefes einleitet, rät
vom Eintritt in die Fremdenlegion ab und hebt hervor, daß Italien
seine Söhne jetzt selbst brauche. (Kreuz-Ztg., 5. Oktober.)
Es geht weiter vorwärts!
W.T.B. Berlin, 4. Oktober. Großes Hauptquartier, abends.
Auf dem westlichen Kriegsschauplatz geht der Kampf am rechten Heeres-
flügel und in den Argonnen erfolgreich vorwärts.