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die Propaganda wurde durch die serbische Presse fortgesetzt. Das Memoire
führt als Beispiel die Art und Weise an, wie das Attentat gegen den
bosnischen Landeschef Varesanin publizistisch verwertet wurde, indem der
Attentäter als serbischer Nationalheld gefeiert und seine Tat verherr-
licht wurde. Diese Blätter wurden nicht nur in Serbien verbreitet,
sondern auch auf wohlorganisierten Schleichwegen in die Monarchie ein-
geschmuggelt.
Unter der gleichen Leitung wie bei ihrer Gründung wurde die Na-
rodna Odbrana neuerlich der Zentralpunkt einer Agitation, welcher der
Schützenbund mit 762 Vereinen, ein Sokolbund mit 3500 Mitgliedern
und verschiedene andere Vereine angehörten.
Im Kleide eines Kulturvereins auftretend, dem nur die geistige
und die körperliche Entwicklung der Bevölkerung Serbiens sowie deren
materielle Kräftigung am Herzen liegt, enthüllt die Narodna Odbrana
ihr wahres reorganisiertes Programm in vorzitiertem Auszug aus ihrem
Vereinsorgan, in welchem „die heilige Wahrheit“ gepredigt wird, daß
es eine unerläßliche Notwendigkeit ist, gegen Oesterreich, seinen ersten
rößten Feind, diesen Ausrottungskampf mit Gewehr und Kanone zu
Hühben, und das Volk mit allen Mitteln auf den Kampf vorzubereiten,
zur Befreiung der unterworfenen Gebiete, in denen viele Millionen
unterjochter Brüder schmachten. Die in dem Memeire zitierten Aufrufe
und Reden ähnlichen Charakters beleuchten die vielseitige auswärtige
Tätigkeit der Narodna Odbrana und ihrer affilierten Vereine, die in
Vortragsreisen, in der Teilnahme an Festen von bosnischen Vereinen,
bei denen offen Mitglieder für die erwähnte serbische Vereinigung ge-
worben wurden, besteht. Gegenwärtig ist noch die Untersuchung darüber
im Zuge, daß die Sokolvereine Serbiens analoge Vereinigungen der
Monarchie bestimmten, sich mit ihnen in einem bisher geheim gehaltenen
Verbande zu vereinigen. Durch Vertrauensmänner und Missionäre
wurde die Aufwiegelung in die Kreise Erwachsener und der urteilslosen
Jugend gebracht. So wurden von Milan Pribicevic ehemalige Honved-
offiziere und ein Gendarmerieleutnant zum Verlassen des Heeresdienstes
in der Monarchie unter bedenklichen Umständen verleitet. In den Schulen
der Lehrerbildungsanstalten wurde eine weitgehende Agitation ent-
wickelt. Der gewünschte Krieg gegen die Monarchie wurde militärisch
auch insofern vorbereitet, als serbische Emissäre im Falle des Ausbruchs
der Feindseligkeiten mit der Zerstörung von Transportmitteln usw., der
Anfachung von Revolten und Paniken betraut wurden. Alles dies wird
in einer besonderen Beilage belegt.
Das Memeoire schildert ferner den Zusammenhang zwischen dieser
Tätigkeit der Narodna Odbrana und den affilierten Organisationen mit
den Attentaten gegen den Königlichen Kommissär in Agram Cuvaj im
Juli 1912, dem Attentat von Dojcic in Agram 1913 gegen Skerlecz und
dem mißglückten Attentat Schäfers am 20. Mai im Agramer Theater.
Es verbreitet sich hierauf über den Zusammenhang des Attentats auf
den Thronfolger und dessen Gemahlin, über die Art, wie sich die Jungen
schon in der Schule an dem Gedanken der Narodna Odbrana vergifteten
und wie sich die Attentäter mit Hilfe von Pribicewic und Dacic die Werk-
zeuge zu dem Attentat verschafften, wobei insbesondere die Rolle des
Majors Tankosic dargelegt wird, der die Mordwaffen lieferte, wie auch die