Full text: Der Weltkrieg 1914. Band 1. (1)

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und gezwungen sein werde, Maßregeln zu ergreifen, die zum Kriege führen 
werden. Um einem Unglück, wie es ein europäischer Krieg sein würde, vor- 
zubeugen, bitte ich Dich im Namen unserer alten Freundschaft, alles Dir 
mögliche zu tun, um Deinem Bundesgenossen davon zurückzuhalten, zu weit 
zu gehen. gez. Nikolaus, 
— 
Anlage 22. 
III. Seine Majestät an den Zaren. 
29. Juli 6,30 p. m. 
Ich habe Dein Telegramm erhalten und teile Deinen Wunsch nach Er- 
haltung des Friedens. Jedoch kann ich — wie ich Dir in meinem ersten 
Telegramm sagte — Oesterreich-Ungarns Vorgehen nicht als „schmählichen 
Krieg“ betrachten. Oesterreich-Ungarn weiß aus Erfahrung, daß Serbiens 
Versprechungen, wenn sie nur auf dem Papier stehen, gänzlich unzuverlässig 
find. Meiner Ansicht nach ist Oesterreich-Ungarns Vorgehen als ein Versuch 
zu betrachten, volle Garantie dafür zu erhalten, daß Serbiens Versprechun- 
gen auch wirklich in die Tat umgesetzt werden. In dieser Ansicht werde ich 
bestärkt durch die Erklärung des österreichischen Kabinetts, daß Oesterreich- 
Ungarn keine territorialen Eroberungen auf Kosten Serbiens beabsichtigt. 
Ich meine daher, daß es für Rußland durchaus möglich ist, dem österreichisch- 
serbischen Krieg gegenüber in der Rolle des Zuschauers zu verharren, ohne 
Europa in den schrecklichsten Krieg hineinzuziehen, den es jemals erlebt hat. 
Ich glaube, 11 eine direkte Verständigung zwischen Deiner Regierung und 
Wien möglich und wünschenswert ist, eine Verständigung, die — wie ich 
Dir schon telegraphierte — meine Regierung mit allen Kräften zu fördern 
bemüht ist. Natürlich würden militärische Maßnahmen Rußlands, welch: 
Oesterreich-Ungarn als Drohung auffassen könnte, ein Unglück beschleunigen, 
das wir beide zu vermeiden wünschen, und würden auch meine Stellung als 
Vermittler, die ich — auf Deinen Appell an meine Freundschaft und Hilfe 
— bereitwillig angenommen habe, untergraben. gez. Wilhelm. 
  
Anlage 23. 
IV. Seine Majestät an den Zaren. 
30. Juli 1. a. m. 
Mein Botschafter ist angewiesen, Deine Regierung auf die Gefahren 
und schweren Konsequenzen einer Mobilisation hinzuweisen; das gleiche 
habe ich Dir in meinem letzten Telegramm gesagt. Oesterreich-Ungarn hat 
nur gegen Serbien mobilisiert, und zwar nur einen Teil seiner Armee. 
Wenn Rußland, wie es jetzt nach Deiner und Deiner Regierung Mitteilung 
der Fall ist, gegen Oesterreich-Ungarn mobil macht, so wird die Vermittler- 
rolle, mit der Du mich in freundschaftlicher Weise betrautest und die ich auf 
Deine ausdrückliche Bitte angenommen habe, gefährdet, wenn nicht unmög- 
lich gemacht. Die ganze Schwere der Entscheidung ruht jetzt auf Deinen 
Schultern, sie haben die Verantwortung für Krieg oder Frieden zu tragen. 
gez. Wilhelm. 
  
Anlage 23a. 
V. Der Zar an Seine Majestät. 
Peterhof, den 30. Juli 1914, 1 h 20 p. m. 
Ich danke Dir von Herzen für Deine rasche Antwort. Ich
	        
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