Full text: Der Weltkrieg 1914. Band 1. (1)

Wolken. Gestern abend hat auch England an Deutschland den Krieg erklärt! 
Das ist hart; doppelt hart, da nun deutsche Sozialisten gegen ein Land 
und ein Volk kämpfen müssen, das ihnen neben Frankreich als Hort bürger- 
licher Freiheit und Kultur gilt.. 
Reich an Gefahren wie nie ist die Lage für Deutschland. Aber die 
Entwicklung wird auch Freunde und Helfer an unsere Seite führen. Und 
unser bester Freund ist der leidenschaftliche Drang unserer Volksgenossen 
nach Behauptung unserer Existenz, ist der Ernst und die Hingabe an den 
Kampf, die Hingabe mit dem ganzen Sein und allen Kräften.“ 
Wer hätte noch vor wenigen Tagen solche Worte an solcher Stelle 
für möglich gehalten? 
Lüttich im Sturm genommen. 
W. T. B. Berlin, 7. August, 6 Uhr 20 abends. 
Seine Mojestät der Kaiser, welcher den Chef des Generalstabes 
empfangen hatte, schickte soeben einen seiner Flügeladjutanten nach dem 
Lustgarten und ließ dem Publikum mitteilen, die Festung Lüttich sei ge- 
fallen. Das Publikum brach in brausende Hoch= und Hurrarufe aus. 
Nachdem die Abteilungen, die den Handstreich auf Lüttich unter- 
nommen hatten, verstärkt worden waren, wurde der Angriff durchgeführt. 
Heute morgen 8 Uhr war die Festung im deutschen Besitz. 
Seine Majestät der Kaiser hat dem General der Infanterie von Em- 
mich, der persönlich im Sturm auf Lüttich die Truppen vorwärts führte, 
den Orden „pour le mérite“ verliehen. 
  
Ein weiterer Beweis für den geplanten Einmarsch der Franzosen 
in Belgien. 
Angesichts der vom Reichskanzler betonten Absicht der Franzosen, beim 
Ausbruch eines Krieges mit Deutschland in Belgien einzumarschieren, ist 
darauf hinzuweisen, daß die bekannte französische „Autorität“", der Generar 
Maitrot, der lange Zeit Generalstabschef beim 6. Korps in Chalons war, 
bereits vor einiger Zeit in einer Broschüre sich in bemerkenswerter Weise 
über den Einmarsch der französischen Streitkräfte in Belgien geäußert hat. 
Indem er annimmt, daß Lothringen selbst vor einem feindlichen Vorstoß 
durch seinen verstärkten Festungsgürtel geschützt wird, verlegt er den Auf- 
marsch der strategischen Hauptkräfte von Lothringen in die Linie Verdun- 
Lille, also parallel der belgischen Grenze. Er nimmt dann weiter eine 
Offensive der französischen Armee an und erwartet die Entscheidungsschlacht 
auf dem „wohlbekannten Kampfplatze südlich von Brüssel“. Ueber eine 
Respektierung der belgischen Neutralität geht er unbekümmert hinweg, 
und einen Widerstand der belgischen Armee scheint er als geringfügig ein- 
zuschätzen. Bereits damals hätte es der belgischen Heeresleitung nicht ent- 
gehen können, daß ein französischer General von der Bedeutung Maitrots 
von vornherein einen Einmarsch französischer Truppen in Belgien annimmt. 
der der deutschen Heeresleitung entsprechende Gegenmaßnahmen nahelegt. 
Es geht hieraus hervor, daß seitens der Franzosen jedenfalls die belgische 
Neutralität in weitestem Umfange verletzt werden sollte, was, wie die Er- 
eignisse lehren, von der deutschen Heeresleitung rechtzeitig erkannt worden 
ist. Das „Loch in Luxemburg“, das in französischen Heereskreisen eine große 
Rolle spielt, und dessen starke Befestigung man teilweise für notwendig 
hielt, dehnt sich zwischen Verdun und Mézieres aus. Während Verdun, das
	        
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