Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

l 55 Rechtlicher Charakter des Beamtenverhältnisses. 117 
Die Rechtsverhältnisse derselben sind durch zwei umfassende Gesetze vom 24. Julie 
1888, das Beamtengesetz und die Gehaltsordnung und die dazu erlassenen Vollzugsverord-= 
nungen einheitlich geregelt7). 
§55. 2. Rechtlicher Charakter des Beamtenverhältnisses. Nach § 1 des Beamtengesetzes 
ist „Beamter im Sinne dieses Gesetzes jede Person, welche sich auf Grund einer Ent- 
schließung des Landesherrn oder einer vom Landesherrn zur Verleihung der Beamteneigen- 
schaft als zuständig erklärten Behörde in einem Dienstverhältniß zum Staate befindet. 
Wer zu bestimmten Dienstleistungen für den Staat lediglich auf Grund eines Ar- 
beits= oder Dienstvertrags angenommen ist, gilt nicht als Beamter im Sinne dieses Ge- 
setzes.“ 
1) Vor der Wirksamkeit der oben erwähnten Gesete von 1888 waren in Baden drei große 
Gruppen von Beamten zu unterscheiden, je nach dem Grade, in welchem gesetzlich mit dem Amte auch 
die rechtliche und wirthschaftliche Sicherung der Lebensstellung gewährt wurde; die der Staatsdiener 
im engeren Sinne, d. h. derjenigen Beamten, welchen ihr Amt durch Entschließung des Großherzogs, 
die der „Angestellten der Civilstaatsverwaltung", d. h. derjenigen Beamten, welchen dasselbe durch 
Entschliehung eines Ministeriums oder einer von demselben hierzu beauftragten Centralmittelstelle 
übertragen worden war, und die der übrigen Bediensteten. 
Die erstere Gruppe umfaßte die Inhaber solcher Aemter, bei deren Bekleidung eine gewisse 
Selbständigkeit der Entschließung gewährt ist, welche deshalb regelmäßige Vorbildung voraussetzen, 
sowie diejenigen in ihren Diensthandlungen weniger selbständigen Beamten, welchen der Landes- 
herr eine gesichertere Lebensstellung verleihen wollte. Die Rechtsverhältnisse derselben waren durch das 
Staatsdieneredikt vom 30. Januar 1819, Reg. Bl. Nr IV, S. 11, welches einen Bestandtheil der 
Verfassung bildete, geregelt, die Versorgung ihrer Hinterbliebenen außerdem durch die „Statuten des 
Civildienerwittwenfiskus vom 28. Juni 1810“, in der Fassung des Gesetzes vom 23. Juni 1876, 
G. u. V. Bl. Nr. XXVII, S. 179. In diese Gruppe gehörten auch die Richter und die ihnen in der 
Hauptsache gleichgestellten Mitglieder der Oberrechnungskammer und des Verwaltungsgerichtshofes, 
deren Rechtsverhältnisse noch durch besondere Gesetze in erhöhtem Maaße gesichert waren. 
Die Gruppe der sog. Angestellten der Civilstaatsverwaltung umfaßte die Beamten mit sub- 
alterner Thätigkeit, soweit ihr Anstellungsverhältniß ein auf die Dauer berechnetes, gesichertes sein 
sollte. Maßgebend hierfür war das Gesetz v. 25. Mai 1876, G. u. V. Bl. Nr. XXII, S. 145. Das- 
selbe näherte hinsichtlich des Schutzes gegen willkürliche Entlassung und der Ansprüche auf Ruhe- 
gehalt und Hinterbliebenen-Versorgung die Stellung dieser Angestellten einigermaßen jener der Staats- 
diener. Für fie bestand eine besondere Wittwenkasse. 
Besondere Bestimmungen bestanden für einzelne Kategorien von Beamten, wie die Notare und 
ohne Staatsdienereigenschaft angestellten Gerichtsnotare, die Angehörigen des Gendarmeriecorps, die 
Lehrer und Lehrerinnen, hier wieder nach der Art der Lehranstalten verschieden. Durch diese Sonder- 
gesetze waren diese Kategorien von Beamten mit gewissen Beschränkungen theils der Gesetzgebung 
über die Staatsdiener, theils jener über die Angestellten zugewiesen. Die Volksschullehrer standen 
unter hesonderen Gesetzesbestimmungen. 
Die dritte Gruppe umfaßte diejenigen Bediensteten, welche, soweit nicht ihr Anstellungsvertrag 
Anderes bestimmte, jederzeit entlaßbar waren und keinen Anspruch auf dauernden Ruhegehalt oder 
Hinterbliebenenversorgung hatten. 
Näheres hierüber s. Schenkel, badisches Staatsrecht, in der ersten Auflage d. W. S. 21 ff. 
Durch die obenerwähnten Gesetze v. 24. Juli 1888, G. u. V. Bl. Nr. XXXIV, S. 399 u. S. 450, 
mit Ergänzungen und Aenderungen der Gehaltsordnung v. 11. Juni 1890, G. u. V. Bl. Nr. XXI, 
S. 285, 28. Mai 1892, G. u. V. Bl. XIV, S. 259, u. 9. Juli 1894, G.u. W Bl. Nr. XXXV, S. 303, 
find die Rechtsverhältnisse aller Kategorien von Beamten einheitlich geregelt worden. Jene Gesetze 
fanden jedoch zunächst noch keine Anwendung auf die Lehrer und Lehrerinnen an Volksschulen und 
diesen gleichstehenden Anstalten und findet nur zu einem Theil Anwendung auf die Angehörigen des 
Gendarmeriecorps. Durch das Gesetz vom 13. Mai 1892 über den Elementarunterricht find auch 
die Lehrer und Lehrerinnen an Volksschulen im Wesentlichen den Beamtengesetzen unterstellt worden. 
Zum Vollzuge dieser Gesetze find eine Reihe von Verordnungen ergangen, nämlich: Ldh. Verord. 
v. 7. Febr. 1890, die Aufnahme in den staatlichen Dienst betr., G. u. W. Bl. Nr. IV. S. 97, abg. 
21. Dez. 1894, G. u. R. Bl. Nr. LI, S. 443, desgl. v. 27. Dez. 1889, die Pflichten der Beamten betr., 
G. u. N. Bl. Nr. XXXIV, S. 535; desgl. v. 14. Januar 1890, die Dienstpolizei betr., G. u. V. Bl. 
Nr. II, S. 81; Verord. d. Staatsmin. v. 7. Aug. 1890, die Dienstpolizei über die mehreren Ge- 
schäftsgebieten angehörigen Beamten betr., G. u. V. Bl. Nr. XXXVI, S. 517; ldh. Verord. v. 14. Okt. 
1889, die Gnadengaben für Hinterbliebene von Beamten betr., G.u. V. Bl. Nr. XXV, S. 231; v. 
14. Sept. 1894, das Verwaltungsverfahren zur Verfolgung von Rechtsansprüchen des Staates gegen 
Beamte betr., G. u. V. Bl. Nr. XIL, S. 383.
	        
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