Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

866. Die Stiftungen. 161 
Vei Stiftungen, welche erweislich nach der Religionstrennung der Katholiken und 
Protestanten, jedoch vor Einführung des Stiftungsgesetzes errichtet wurden und sowohl nach 
dem Willen des Stifters als auch nach bestehender Uebung nur dem Vortheile von An- 
gehörigen einer bestimmten Konfession gewidmet sind, können auch diese Konfessions- 
angehörigen die Einsetzung eines konfessionellen Stiftungsrathes verlangen. 
Auch der Gemeinderath kann bei größeren Stiftungen oder solchen, die mit einer 
seiner Verwaltung unterliegenden Anstalt in Verbindung stehen, die Einsetzung eines beson- 
deren Stiftungsrathes beschließen. 
Für die örtlichen Stiftungen sind regelmäßig Voranschläge aufzustellen, die der staat- 
lichen Genehmigung bedürfen. Außerdem bedürfen gewisse wichtigere Handlungen der Ver- 
waltung und der Verfügung über das Stiftungsvermögen der besonderen staatlichen Ge- 
nehmigung. 
Die weltlichen Distrikts= und Landesstiftungen, worunter alle nicht aus- 
schließlich nur dem Vortheile von Angehörigen oder Bewohnern einer Gemeinde oder mehrerer 
Gemeinden eines und desselben Amtsbezirks gewidmeten weltlichen Stiftungen zu verstehen 
sind, bleiben, soweit über deren Verwaltung vom Stifter keine anderen nach dem Stiftungs- 
gesetze zulässigen Anordnungen getroffen wurden, unter der unmittelbaren Verwaltung und 
Aufsicht von Staatsbehörden. 
Stiftungen, welche ausdrücklich zu Gunsten der Angehörigen eines Kreisverbandes 
oder eines innerhalb des Kreises gebildeten Bezirksverbandes oder zu Gunsten eines 
dieser körperschaftlichen Verbände selbst gemacht wurden, werden von den Organen der letzteren 
unter staatlicher Aufsicht verwaltet. 
Für die übrigen Stiftungen dieser Kategorie sind regelmäßig Verwaltungsräthe 
zu bestellen, welche im Namen und aus Auftrag der mit der unmittelbaren Verwaltung 
betrauten Behörden die Verwaltungsführung #) zu besorgen haben. 
Bei einigen besonderen Arten von Stiftungen, den Familien-, Stipendien= und Aus- 
steuerstistungen, sind den Stiftern gewisse größere Rechte bezüglich der Bestellung der 
Stiftungsverwaltungsbehörden und diesen letzteren ein größerer Spielraum ihrer Thätigkeit 
eingeräumt, insbesondere bezüglich der Vergebung der Stiftungsgenüsse. Doch unterstehen 
die vom Stifter zur Verwaltung einer Familienstiftung oder zur Verleihung von Stif- 
tungsgenüssen berufenen Personen oder Behörden in Hinsicht auf die Verwaltungsführung 
und die Verleihung der Stiftungsgenüsse ebenfalls der Staatsaufsicht ?. 
Die Rechtsverhältnisse und die Verwaltung der kirchlichen Stiftungen werden durch 
die besonderen Gesetze über die Verwaltung des Kirchenvermögens geregelt, neben welchen 
jedoch die oben erwähnten allgemeinen Bestimmungen im ersten Abschnitt des Stiftungs- 
gesetzes auch für diese Stiftungen Anwendung finden. Insbesondere kommen auch diesen Stif- 
tungen alle Rechte selbständiger juristischer Personen zu und können weder der Staat, noch 
die Kirche, noch die Gemeinden aus den Rechten, die ihnen hinsichtlich der Verwaltung der 
Stiftungen zustehen, privatrechtliche Ansprüche an das Vermögen derselben ableiten?). 
Eine ldh. Verord. v. 18. Mai 1870 0 bestimmt die Zuständigkeit der Staatsbehörden 
in Stiftungssachen. Die oberste staatliche Aufficht übt hiernach bei kirchlichen und Unter- 
richtsstiftungen das Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichtes, bei allen übrigen 
Stiftungen das Ministerium des Innern, unter diesen die Verwaltung und Verwaltungs- 
aussicht bei Landes= und Distriktsstiftungen für Unterrichtszwecke (abgesehen von jenen der 
Hochschulen) der Oberschulrath, im Uebrigen der Verwaltungshof, die obere Aufsicht bei 
1) Das. 88 32—35. 2) Das. 8§ 36—47. 
3) Dafs. § 42. 
4) G. u. V. Bl. Nr. XXXVII, S. 459, abg. 30. Mai 1874, G. u. V. Bl. Nr. XXII, S. 207. 
Handbuch des Oeffentlichen Rechts III. 2. Aufl. Baden. 11
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.