250 Sechster Abschnitt: Die Landesverwaltung. III. Kapitel. 8122.
Zu Gunsten der Errichtung einer Bewässerungs- oder Entwässerungsanlage kann unter
den oben bezeichneten Voraussetzungen auch die Abtretung der einem Dritten zustehenden
Eigenthums-, Dienstbarkeits= oder anderer Benützungsrechte oder die Belastung fremden
Grundeigenthums mit einer Dienstbarkeit erzwungen werden.
Ueber die Abtretungs= oder Belastungsverpflichtungen entscheidet Mangels gütlicher
Uebereinkunft in allen oben erwähnten Fällen das Staatsministerium, über die Enschädi-
gung der bürgerliche Richter 7.
Wenn, abgesehen von diesen Fällen, die Abtretung des Eigenthums oder des Be-
nützungsrechts am Wasser aus Gründen des öffentlichen Nutzen beansprucht wird, finden die
Bestimmungen des Expropriationsgesetzes Anwendung.
In Nothfällen, namentlich bei Feuersbrünsten, kann das im Eigenthum oder Be-
nützungsrechte Dritter stehende Wasser ohne Entschädigung zum gemeinen Besten in Anspruch
genommen werden.
Jeder Grundeigenthümer ist verpflichtet, die Vorarbeiten, welche für Geltendmachung
der Zwangsrechte erforderlich sind, auf seinen Grundstücken gegen Ersatz des dadurch ver-
ursachten Schadens und vorgängige Sicherheitsleistung geschehen lassen 0.
V. Zur Errichtung von gemeinschaftlichen Bewässerungs= und Ent-
wässerungsanlagen und zur Bildung auf Wasserbenützung bezüglicher Genossen-
schaften läßt das Gesetz ein Zwangsverfahren zu.
1. Anlagen und Genossenschaften zur Bewässerung und Entwässe-
rungs). „Kann die Einrichtung einer Bewässerungs= oder Entwässerungsanlage nur durch
ihre Ausdehnung über eine in dem Eigenthum mehrerer Personen befindliche Grundfläche
auf zweckmäßige Weise bewirkt werden, so findet gegen diejenigen Eigenthümer, welche sich
weigern, dem Unternehmen beizutreten, ein Zwang zur Theilnahme statt, wenn
a) die Eigenthümer von mindestens zwei Dritttheilen der in das Unternehmen fallen-
den Grundfläche sich für das Unternehmen erklärt haben, und
b) durch dasselbe ein überwiegender Nutzen für die Landeskultur erzielt wird.
Eigenthümer von Grundstücken, deren besondere Benützungsweise für den Eigenthümer
von größerem wirthschaftlichen Interesse ist, als die durch die Anlage beabsichtigte Ver-
besserung, können zur Theilnahme nicht gezwungen werden.
Ist jedoch das Unternehmen ohne Ausdehnung auf solche Grundstücke nicht aus-
führbar, so kann den Unternehmern unter der Voraussetzung der Art. 12 und 13 d. Ges. das
Recht der Zwangsenteignung solcher Grundstücke ertheilt werden.“
Das hierauf bezügliche Verfahren wird von dem Bezirksamt unter Mitwirkung der
technischen Staatsbehörde geleitet.
Hinsichtlich streitiger Fragen des Privatrechts ist die Entscheidung des Richters vor-
zubehalten.
Nach dem Abschluß der Verhandlungen ist auf Grund der vorgenommenen Erörte-
rungen zu entscheiden, ob und unter welchen Bedingungen zur Ausführung des beabsich-
tigten Unternehmens die staatliche Genehmigung zu ertheilen sei.
Diese Entscheidung steht je nach der Sachlage dem Ministerium oder dem Staats-
ministerium zu.
Das Staatsministerium entscheidet insbesondere a) ob und welche Grundeigenthümer
zum Beitritt gezwungen werden können; b) ob der verlangten Abtretung der Rechte Dritter
oder Belastung fremden Eigenthums statigugeben sei; c) nach welchem Plane das Unter-
1) Wasser Ges. Art. 12—20, 92. Ueber das Verfahren s. Vollz. Verord. §§ 18—27.
2) Wasser Ges. Art. 21, 22.
3) Wasser Ges. Art. 31—60; Vollz. Verord. §§ 29—69.