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Sie ist eine dem Ministerium des Innern unmittelbar untergeordnete, mit technisch
gebildeten Beamten besetzte, Centralbehörde 0.
Zur Wahrnehmung der Interessen des Handels und der Industrie bestehen auf Grund
des Gesetzes vom 11. Dez. 18787!) Han delskammern, errichtet für gewisse Bezirke durch
das Ministerium nach Erhebung der Wünsche der Betheiligten. Sie sind juristische Per-
sonen mit dem Rechte der Besteuerung der innerhalb des Kammerbezirkes in das Handels-
und Genossenschaftsregister eingetragenen Firmen zur Deckung der Kosten.
Ihre Mitglieder werden von den stimmberechtigten Handelstreibenden und Indu-
striellen des Kammerbezirkes gewählt.
Sie haben insbesondere die Behörden in der Förderung des Handels und der Industrie
durch thatsächliche Mittheilungen und Erstattung von Gutachten zu unterstützen, sowie all-
jährlich über die Lage und den Gang des Handels und der Industrie ihres Bezirkes während
des vorhergegangenen Jahres an das Ministerium Bericht zu erstatten.
Auch können sie zur Mitwirkung bei der Leitung und Beaufsichtigung von, der
Förderung des Handels und der Industrie dienenden öffentlichen Anlagen und Einrich-
tungen herangezogen werden.
Ueber die Beitragspflicht und das Beitragsverhältniß zu den Kosten der Handels-
kammern entscheiden die Verwaltungsgerichte, über das Wahlrecht und die Wählbarkeit,
über die Giltigkeit der Wahlen zu den Handelskammern der Verwaltungsgerichtshof, ebenso
über Klagen gegen Verfügungen der Staatsaufsichtsbehörden, welche solchen Kammern eine
ihnen nicht obliegende Leistung auferlegen oder Beschlüsse derselben als gesetzwidrig auf-
heben?).
Zur Vertretung der Interessen des handwerksmäßigen Kleingewerbes können nach
dem Gesetz vom 22. Juni 1892") Gewerbekammern durch das Ministerium errichtet
werden. Sie haben für den Kreis der von ihnen vertretenen Interessen ähnliche Aufgaben
und Rechte, wie die Handelskammern. Auch eine Verbindung zu einer „Handels= und Ge-
werbekammer“ ist möglich.
Zum Vollzuge des R.G. vom 29. Juli 1890 über die Gewerbegerichtek#) hat eine
ldh. Verordnung vom 8. Okt. 18900) die Zuständigkeit der verschiedenen Landesverwal-
tungsbehörden bezeichnet, eine weitere ldh. Verordnung vom 19. Febr. 18927) hat die
Dienstaufsicht über diese Gerichte den Landgerichten übertragen.
Als staatliche Veranstaltungen zur Förderung des Gewerbewesens bestehen — außer
den noch später zu erwähnenden gewerblichen Unterrichtsanstalten — die Landesgewerbe-
halle in Karlsruhe (Sammlung, Ausstellung, Bibliothek 2c.), mit Filiale in Furtwangen,
die chemisch--technische Prüfungs= und Versuchsanstalt in Karlsruhe und die Probiranstalt
für Edelmetalle in Pforzheim.
Zum Zweck der Berathung der obersten Staatsbehörde und zur Vertretung der
Interessen des Gewerbestandes überhaupt besteht bei dem Ministerium des Innern ein
Landesgewerberaths). Er setzt sich zusammen aus Vertretern der Gauverbände der
Gewerbevereine und des badischen Kunstgewerbevereins, der Handelskammern und Handels-
1) Ldh. Verord. v. 6. Juli 1890, G.u. V. Bl. Nr. XXX, S. 441; Verord. v. 2. Jan. 1880,
G. u. V. Bl. Nr. I, S. 1. Ueber die gewerbepolizeiliche Aufficht in den Staatsbetrieben j. Idh. Verord.
v. 30. Juni 1892. G. u. VBl. Nr. XXI, S. 209.
2) G. u. V.Bl. Nr. XXX, S. 229, abg. 26. April 1886, G. u. V. Bl. Nr. XVIII, S. 1533; Verord.
v. 28. Dez. 1886, G. u. V. Bl. 1887, Nr. 1, S. 3.
3) V.R.pfl.G. §2, Z. 20, P55. Z. 22, 24, 25, § 4, Ziff. 2.
52 5) R.G.B. Nr. 24, S. 141.
6) S. o. S. 90, Note 5. 7) G. u. V. Bl. Nr. III, S. 29.
8) Ldh. Verord. v. 15. Febr. 1893, G. u. V. Bl. Nr. V, S. 24.