Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

296 Sechster Abschnitt: Die Landesverwaltung. IV. Kapitel. 8 142. 
genossenschaften, der Innungen, des Arbeiterstandes, und sonstigen vom Ministerium des 
Innern ernannten Mitgliedern. 
Den Vorsitz führt der Präsident des Ministeriums des Innern oder ein von ihm 
ernannter Stellvertreter. 
Die mit der Bearbeitung der gewerblichen Angelegenheiten betrauten Beamten können 
zu den Verhandlungen beigezogen werden. 
Der Vandesgewerberath tritt regelmäßig, mindestens einmal im Jahr zusammen. 
IV. Kapitel. 
Das Verwaltungsrecht in Bezug auf das geistige Leben. 
Erster Titel. 
Anterricht, Bildung und Sittlichkeit. 
§ 142. I. Das Volksschulwesen ). Das Gesetz vom 9. Okt. 1860, die rechtliche 
Stellung der Kirchen 2c. betr., stellt in 8 6 den allgemeinen Grundsatz auf: 
„Das öffentliche Unterrichtswesen wird vom Staate geleitet. Andere Unterrichts- 
und Erziehungsanstalten stehen unter der Aufsicht der Staatsregierung.“ 
Das Großherzogthum Baden besitzt eine Fülle von Veranstaltungen aller Arten und 
Abstufungen für den Unterricht. Ein öffentlicher Zwang aber sowohl bezüglich der Er- 
werbung eines gewissen Grades von Kenntnissen, als bezüglich der Bereitstellung der hierzu 
dienlichen Anstalten besteht — abgesehen von Gew.Ord. 8§ 120 (s. u.) — nur auf dem 
Gebiete des Volksschulwesens. 
Dasselbe ist geregelt durch das Gesetz über den Elementarunterricht in dessen jetziger, 
durch Gesetz vom 13. Mai 1892 bewirkter, Fassung und die auf Grund desselben erlassenen 
Verordnungen?). 
Folgendes sind die wesentlichsten Bestimmungen: 
a) Allgemeine Bestimmungen): Es besteht Volksschulzwang. 
„Eltern oder deren Stellvertreter sind verpflichtet, für den Elementarunterricht der 
ihrer Obhut anvertrauten Kinder zu sorgen und zu diesem Zwecke dieselben während des 
schulpflichtigen Alters die Volksschule besuchen zu lassen. 
An die Stelle des Besuches der Volksschule kann der einer höheren öffentlichen 
Bildungsanstalt oder einer anderen den gesetzlichen Bestimmungen entsprechenden Lehranstalt 
treten. Kinder, welche Privatunterricht genießen, werden durch die Schulbehörden vom 
Besuch der Volksschule entbunden, wenn nachgewiesen wird, daß sie mindestens den in der 
Volksschule vorgeschriebenen Unterricht erhalten." 
Nichterfüllung dieser Verpflichtung der Eltern rc. ist nach Pol. Str. G. B. 8 71 zu 
bestrafen. 
1) Joos, A. die Gesetze und Verordnungen über Elementarunterricht, Fortbildungsunterricht2c. 
im Großherzogthum Baden, Heidelberg 1877. 
2) Dieses Gesetz, zunächst vom 8. März 1868, Reg. Bl. Nr. XV, S. 251, ersetzt die im 
XIII. Org. Ed. v. 13. Mai 1803, dem Volksschulgesetz v. 28. Mai 1885 u. mehreren Verordnungen 
enthaltenen früheren Bestimmungen. Es erlitt Abänderungen durch die Eelete- v. 2. April 1872 
(bezüglich der Lehrthätigkeit religiöser Orden), 19. Juli 1874 (Verbesserung des Einkommens der 
Lehrer), 18. Sept. 1876 (Beseitigung der konfessionellen Trennung der Schüler und Uebertragung 
der örtlichen Schulaufsicht auf die Gemeinderäthe), 1. April 1880 (Regelung der Verhältnisse der 
Lehrerinnen, Verbesserung der Hinterbliebenenversorgung), 7. Juni 1884 (Staatsbeiträge zu den 
Gehalten der Volksschullehrer), 25. Juli 1888 (Besserstellung der Lehrer und ihrer Hinterbliebenen) 
u. insbesondere 13. Mai 1892 (Unterstellung der Lehrer unter das Beamtengesetz mit sehr erheblicher 
eseersteung, auhzerdem Einzeländerungen.) Die jetzige Fassung s. G. u. V. Bl. 1892, Nr. XII, S. 169. 
1—9.
	        
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