§ 156. Rechtliche Stellung der römisch-katholischen Kirche. 331
Das Kapitel der Metropolitankirche besteht aus einer Dekanatswürde und sechs Kanonikaten.
Außerdem bestehen daselbst sechs Präbenden oder Caplaneien.
Dotirt ist die erzbischöfliche Kirche zu Freiburg in einer auf Spezialbefehl des Groß-
herzogs vom 23. Dez. 1820 ausgefertigten Urkunde durch Zuweisung der Herrschaft Linz
und anderer Einkünfte, welche später in ständige Güter und Grundstücke verwandelt werden
sollen, im Ganzen mit einem Jahresertrag von 75 364 Mk 7).
II. Besetzung des erzbischöflichen Sitzes. Der Erzbischof wird gewählt durch
das Domkapitel zu Freiburg. Und zwar hat bei einer Erledigung des erzbischöflichen Sitzes
das Domkapitel innerhalb eines Monats, vom Tage der Erledigung an gerechnet, dem Groß-
herzog eine Liste derjenigen dem Diözesanklerus angehörigen Personen vorzulegen, welche
dasselbe für die zu besetzende Stelle für tauglich erachtet. Was das fernere Verfahren be-
trifft, so steht soviel fest, daß
1. aus dieser Liste auf Verlangen der großherzoglichen Regierung diejenigen Kan-
didaten zu streichen sind, welche dieselbe als ihr minder angenehm bezeichnet;
2. das Wahlkollegium überhaupt vor der Vornahme der Wahl sich zu vergewissern
hat, daß die in Aussicht genommenen Personen dem Landesfürsten nicht weniger an-
genehm sind;
3. daß so viele Personen ungestrichen übrig bleiben müssen, daß eine Wahl aus ihnen
möglich ist.
Aus diesen Sätzen folgt — da die Beurtheilung, ob ein Kandidat der großherzog-
lichen Regierung „weniger angenehm“ ist, nur von dieser selbst ausgehen kann —
a) daß die großherzogliche Regierung möglicher Weise alle Personen, welche vom Ka-
pitel auf die Liste gesetzt sind, als ihr „weniger angenehm“ bezeichnen kann;
b) daß in diesem Falle das Kapitel die Liste soweit und so lange zu ergänzen hat,
bis in derselben nur von der großherzoglichen Regierung nicht beanstandete Kandidaten,
zum Mindesten in der Zahl von swei, sich befinden.
In dieser Weise stehen die vertragsmäßigen Bestimmungen auch mit der jetzigen landes-
gesetzlichen Vorschrift im Einklang, daß die Kirchenämter nicht an solche vergabt werden
dürfen, welche von der Staatsregierung als ihr mißfällig bezeichnet worden sind.
Sobald eine unbeanstandete Liste vorliegt, schreitet das Kapitel zur Wahl nach den
gewöhnlichen kanonischen Formen und legt die Urkunde über die Wahl in authentischer Form
innerhalb Monatsfrist dem Papste vor?).
1) Davon sollen — außer den Wohnungen — zukommen: dem erzbischöflichen Tische: 13 400 fl.;
dem Dekan des Kapitels: 4000 fl.; dem ersten unter den Kapitularen: 2300 fl.; jedem der fünf
anderen Kapitularen: 1800 fl.; jedem von den sechs Präbendaten: 900 fl.; dem Seminarium der
Didzese: 250000 fl.; der Fabrik der Domkirche: 5264 fl.; der erzbischöflichen Kanzlei: 3000 fl.;
den Versorgungshäusern für ausgediente und dienstuntaugliche Geistliche: 8000 fl.
2) Diese Frage ist eine vielumstrittene. Die Bulle Ad Dominici gregis custodiam schreibt
vor: „wenn aber vielleicht einer von diesen Kandidaten dem Landesfürsten minder angenehm sein
möchte, so wird das Kapitel ihn aus dem Verzeichnisse streichen, nur muß die übrig bleibende Anzahl
der Kandidaten noch hinreichend sein, daß aus ihr der neue Vorsteher gewählt werden könne; dann
aber wird das Kapitel zur kanonischen Wahl eines aus den noch übrigen Kandidaten — schreiten.“
Das päpstliche Breve „Re sacra“ vom 28. Mai 1827, welches nach langen Verhandlungen zu dem
Zwecke erlassen wurde, um jedes Bedenken der oberrheinischen Regierungen, das die Fassung der Bulle
zulassen würde, als könne eine der Regierung nicht genehme Persönlichkeit gewählt werden, auszu-
schließen, weist das Kapitel an: „gos adsciscere, quos ante solemnem Electionis actum noveritis,
praeter, qualitates caeteras — — nec Seressissimo Principi minus gratos esse“.
Eine von der oben vorgetragenen abweichende, auch auf Seite der katholischen Kirchenregierung
aufgestellte Meinung geht dahin: die Regierung könne nur Personen, welche auf der ersten durch das
Kapitel ausgestellten Liste sich befinden, als ihr nicht genehm bezeichnen, und zwar nur soviele, daß
auf dieser Liste drei Personen übrig bleiben. Das Breve empfehle dem Kapitel zwar, sowohl bei der
Listenaufstellung als bei der Wahlhandlung auf die Genehmheit der Kandidaten besondere Rückficht
zu nehmen. Wenn gleichwohl eine Regierung meine, dies sei bei den drei nicht gestrichenen Kandi-