332 Sechster Abschnitt: Die Landesverwaltung. IV. Kapitel. 8 156.
Die Bewerkstelligung des Informativ-Prozesses über die Eigenschaften des Gewählten
wird von dem Papste einem der Bischöfe der oberrheinischen Kirchenprovinz oder einem in
Würde stehenden Geistlichen der Diözese übertragen. Wenn der Papst aus diesem vor-
gelegten Informativ-Prozesse ersieht, daß der Gewählte diejenigen Eigenschaften besitzt, welche
die kanonischen Gesetze von einem Bischof erfordern, so wird er denselben sobald als möglich
nach den bestehenden Formen durch ein apostolisches Schreiben bestätigen, andernfalls wird
er dem Kapitel die Vornahme einer abermaligen Wahl gestatten.
III. Besetzung des Domkapitels. Bei der Erledigung eines Dekanats, Kano-
nikats oder einer Präbende oder Vikariats hat abwechslungsweise der Erzbischof oder das
Kapitel der großherzoglichen Regierung eine Liste von vier Kandidaten vorzulegen. Aus
derselben sind diejenigen zu streichen, welche die großherzogliche Regierung als ihr minder
angenehm bezeichnet. Aus den Uebrigen ernennt der Erzbischof oder das Kapitel den betr.
Würdenträger, welchem sodann der Erzbischof die kanonische Einsetzung ertheilt.
Auch hier gilt, was oben von der etwaigen Ergänzung der Liste gesagt worden ist.
IV. Eid des Erzbischofs. Vor der Konsekration hat der Erzbischof dem Groß-
herzog einen, in seinem Wortlaute festbestimmten Eid der Treue zu leisten.
V. Erzbischöfliche Behörden. Die geistliche Regierung und Administration der
Erzdiözese wird von dem erzbischöflichen Ordinariate besorgt. Dasselbe besteht aus
den Mitgliedern des Domkapitels und den außerdem vom Erzbischof hierzu ernannten außer-
ordentlichen Räthen und Assessoren. Darüber, daß auch die zu solchen Aemtern zu er-
nennenden Personen der großherzoglichen Regierung nicht mißfällig sein dürfen, s. o.
Zur Entscheidung streitiger kirchlicher Rechts-, Ehe= und Disziplinarsachen der Erz-
diöse im ersten Rechtszug besteht das erzbischöfliche Offizialat (ein Mitglied des Dom-
kapitels als Vorsitzender, ein „defensor matrimonii“ und vier Räthe).
Für Appellationen gegen Entscheidungen desselben ist durch päpstliche Sendschreiben
zur Zeit der Bischof von Rottenburg als erste, der Erzbischof von Köln als zweite Instanz
delegirt ½.
Als erzbischöfliche Prüfungskommissionen bestehen:
1. das Prosynodal--Examinatorium zur Abhaltung des Konkurses pro beneficiis
(Prüfung für die Zulassung zu Seelsorgerstellen).
2. die Kommission für die Prüfung pro seminario.
Zur Verwaltung desjenigen kirchlichen Vermögens, welches der freien Verwaltung des
Erzbischofs und bezw. des Domkapitels anheimgegeben ist, bestehen ferner die erforderlichen
Kassen-- und Stiftungsverwaltungen, theils dem Ordinariate, theils dem Domkapitel unter-
stehend.
Organe des Erzbischofs in den einzelnen Landkapiteln sind die Dekane. Sie werden
von den Geistlichen des betreffenden Kapitels gewählt und vom Erzbischof bestätigt?.
daten nicht geschehen — mit welcher Meinung sie ohne Zweifel Unrecht habe — so erübrige ihr nur
eine Beschwerde bei dem Papste. Es leuchtet ein, daß nach dieser Anschauung das Breve ohne alle
rechtliche Bedeutung und das Recht der Regierung, den Strich ihr weniger genehmer Kandidaten zu
verlangen, illusorisch sein würde. Die oben im Text vorgetragene Auslegung dagegen wahrt sowohl
das Recht der Regierung, als das Wahlrecht des Kapitels und steht mit dem Text der Bulle, welcher
eine Ergänzung der Liste nicht ausschließt, nicht im Widerspruch. Vergl. über diesen Gegenstand:
Herrmann, Das staatliche Veto bei Bischofswahlen, Heidelberg 1869; Friedberg, Das Veto der
Regierungen bei Bischofswahlen, Halle 1869; von Waenker, Das Recht in Bezug auf die Bischofs-
wahlen, Freiburg 1869; sowie die in diesen Schriften weiter angeführte Litteratur. ·
1) Für die von den kirchlichen Gerichten der vier Suffragan-Bisthümer eingebrachten Appel-
lationsfälle bildet das erzbischöfliche Metropolitängericht die zweite Instanz. «
2) Die früheren landesherrlichen Dekanate sind durch ldh. Verord. v. 1. März 1853, Reg.Bl.
Nr. VII, S. 55, aufgehoben.