Full text: Ereignisse und Gestalten 1878-1918

und ihr wurde die besondere Bedeutung, die ihr zukam, nicht zu- 
gebllligt. 
Deshalb war auch das Auswärtige Amt ganz auf die Kon- 
elnentalkonstellation eingespielt und hatte für Kolonien, Flotte oder 
England nicht das erforderliche Interesse und keine Erfahrung in 
Weltpolltik. Die englische Psyche und Mentalität in der restlosen, 
wenn auch durch allerhand Mäntelchen verhüllten Verfolgung des 
Blanes der Welthegemonie war dem Auswärtigen Amt ein Buch 
mit sieben Stegeln. Der Fürst sagte mir einmal, sein Hauptaugen- 
merk sei, Rußland und England nicht zu einem Einverständnis kom- 
men zu lassen. Darauf erlaubte ich mir zu antworten: Der Moment, 
dies in welte Ferne zu rücken, wäre fa befnahe gegeben gewesen, 
wenn man 1877//78 die Russen nach Stambul gelassen hätte, dann 
wäre die englische Flotte ohne weiteres zur Vertekdigung Stambuls 
eingefahren und der Konflikt wäre dagewesen. Statt dessen habe 
man den Russen den Vertrag von San Stefano aufgenötigt, sie vor 
den Toren der Stadt, dlie sie nach furchtbaren Kämpfen und Mühen 
erreicht hatten und vor sich sahen, zur Umkehr gezwungen. Das 
habe in der russischen Armee einen unguslöschlichen Haß gegen uns 
entfesselt (Micteilung preußischer Offlziere im russtschen Heer, welche 
den Feldzug mitgemacht hatten, insbesondere des Grafen Pfetl). 
Obendrein habe man dann den Vertrag umgestoßen und durch den 
Berliner Kongreß ersetzt, der uns in den Augen der Russen noch 
mehr als Feinde #hrer „berechtigten Interessen im Ortent“ belastet 
habe. Auf diese Wetse sei der vom Fürsten erhoffte Konflikt zwischen 
Rußland und England in weste Fernen gerückt. 
Der Fürst tetlie diese Beurteilung „seines“ Kongresses, auf dessen 
Ergebnis er als „ehrlicher Makler“ so stolz war, nicht, und bemerkte 
ernst, er habe einer allgemelnen Konflagratton vorbeugen und seine 
guten Dienste zur Vermittlung anbteten müssen. Als ich später elnem 
Herrn des Auswärtigen Amts diese Unterredung mitteilte, erwiderte 
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