Full text: Ereignisse und Gestalten 1878-1918

à l'amiable mit ihm zu arrangieren. Caprivi stimmte zu, die Ver— 
handlungen wurden zum Abschluß gebracht, und eines Abends kurz 
vor Tisch konnte ich der Kaiserin und einigen Vertrauten die hoch- 
erfreuliche Mitteilung machen, daß Helgoland deutsch geworden war. 
Eine wichtige — unblutige — Mehrung des Reiches war gelungen, 
die erste Bedingung für den Ausbau der Flotte war erfüllt, ein 
fahrhundertelanger Wunsch der Hansen und Norddeutschen in Er- 
füllung gegangen. Ein bedeutendes Ereignis hatte sich in der Sttille 
vollzogen. 
Wenn die Erwerbung Helgolands unter des Fürsten Bismarck 
Kanzlerschaft erfolgt wäre, dann wäre sie wahrscheinlich mit Jubel 
begrüßt worden. Unter Caprivi setzte die Kritik ein. Es waren sa 
bloß der Usurpator Caprivi, der sich erkühnte, auf des Fürsten Stuhl 
zu sitzen, und der „unberechenbare“, „undankbare“, „Impulstve“ sunge 
Herr gewesen, die das gemacht hatken! Wenn Bismarck nur ge- 
wollk hätte, den „ollen Felsen“ konnte er alle Tage haben, aber die 
vielversprechenden afrikanischen Besitzungen den Engländern dafür 
preiszugeben, so ungeschickt hätte er nie gehandelt und sich nie so 
übers Ohr hauen lassen: so lautete es fast von allen Sesten. Des 
Gürsten Blätter stimmten laut in diese Kritik mit ein, allerdings 
sehr zum Kummer der Hansen. 
Merkwürdig nahmen sich die Borwürfe wegen des Austausches 
von Zanzibar und Witu in der Presse des Fürsten aus, der mir früher, 
als ich unter ihm arbelstete, immer wieder gesagt hatte, daß er an 
und für sich von Kolonien nicht viel halte und sie hauptsächlich als 
gelegentliche Tauschobfekte betrachte, um sich mit den Engländern aus- 
einanderzusetzen. Sein Nachfolger handelte im Falle Helgoland da- 
nach und wurde dafür auf das heftigste kritistert und angegriffen. 
Erst im Laufe des Weltkrieges sind mir Aufsätze in deutschen Zeiftungen 
zu Gesicht gekommen, die rückhaltlos den Erwerb von Helgoland als 
Tat vorausschauender Polktik anerkannten und Betrachtungen daran 
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