Full text: Kaiser Wilhelm II. Aus meinem Leben 1859-1888.

daher den Abend im Hause und schlug mein Quartier in einem 
Gastzimmer nicht weit von der Wohnung meines Vaters auf. 
Am frühen Morgen des 17. weckte mich meine Schwester Bik- 
toria, ich solle schnell hinüberkommen, es ginge zu Ende. Ich fand 
meinen Bater völlig erschöpft, von starken Hustenanfällen erschüttert 
und dem Tode nahe, meine Mutter und meine Geschwister waren 
bereits um ihn versammelt. Um dem Sterbenden Erleichterung zu 
schaffen, wurde er hoch aufgerichtet, so daß er fast saß. Bald nach 
meinem Kommen schrieb er mit zitternder Hand, kaum leserlich, auf 
einen Zettel: -Bickoria, ich und die Kinder? —: er wollte seiner 
Genugtuung Ausdruck geben, daß alle seine Lieben um ihn waren. 
Es waren seine letzten Worte. 
Aber erst nach mehreren Stunden kam die Erlösung. Noch ein- 
mal blickte er uns mit seinen gütigen blauen Augen fest und liebe- 
voll an, dann sank er langsam in die Kissen zurück. Durch die ge- 
öffneten großen Fenstertüren schmetterten die Stimmen der BVögel 
herein, der berauschende Duft der Blüten aus den von ihm mit 
unendlicher Lf#ebe gepflegten Gärten durchwogte das Zimmer, auf 
sein edles, leidgefurchtes und abgemagertes Antlitz fielen die Strahlen 
der hellen Zunisonne. 
Still und ohne Todeskampf hauchte der Sieger von Königgrätz 
und Wörth, dos neuen Deutschen Reiches zweiter Katser, seine edle 
Seele aus. 
* *
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.