102 Zehntes Kapitel
Freiburg (Baden) wurde Ende Januar berichtet, daß eine Versammlung
dadurch gestört worden sei, daß von einem Unbekannten telephonisch
ein falscher Fliegeralarm erzeugt wurde.
Wohl spürten die Behörden das unheimliche Wirken des inneren
Feindes, aber fast immer wußte er sich ihrem Zugriff zu entziehen.
Die Streikgefahr war zunächst beseitigt. Immerhin zitterte in der
Arbeiterschaft eine starke Erregung nach, die sich in unvermindertem
Mißtrauen gegen die Absichten der Reichsleitung in der äußeren Politik
und gegen die Festigkeit der preußischen Regierung in der Wahlrechts-
frage äußerte. Die sozialdemokratische Presse tat fast nichts mehr, um
dieser Stimmung durch scharfe Hervorhebung der feindlichen Vernich-
tungspläne entgegenzuwirken. Die Richtung Stampfers („Vorwärts“)
war in ihr mehr denn je obenauf.
Eine gegen diesen und den Redakteur Kuttner erhobene An-
klage wegen Landesverrats 1) diente lediglich dazu, das Ansehen beider
bei den Massen zu erhöhen. Auch gegen den Abg. Dittmann, Mitglied
der U. S. P. D., erhob der Reichsanwalt Anklage. Sie führte zur Ver-
urteilung zu — Festungehaft.
10.
Der Plan für die Revolution — Die Friedensschlüsse im Osten
Am 9. Februar 1918 begann 2) die zielbewußte Vorbereitung der
Revolution durch Barth, Richard Müller, Däumig, Blumenthal u. a.
Es wurde in langwieriger Wühlarbeit eine „illegale Organisation“
durch Agitation von Mund zu Mund geschaffen. Sie war gegliedert
in Unterabteilungen für Beschaffung von Geld, Waffen, Papieren, Be-
sorgung von Nachrichten der Polizei, des Militärs, der „Scheide=
männer“, der Gewerkschaften, Uberwachung der eigenen Genossen, Oe-
ganisation der Stoß= und Kampftrupps usw. In diesen Gruppen wur-
den immer nur die unmittelbar Beteiligten über das Allernotwendigste
unterrichtet.
An der Spitze stand Barth als Diktator mit unbeschränkten Macht-
befugnissen.
1) Das Verfahren wurde bald darauf eingestellt.
2) E. Barth, „Aus der Werkstatt der deutschen Revolution“, S. 26ff.