Full text: Erinnerungen an die Kriegsjahre im Königlich Preußischen Kriegsministerium. Erster Band. Der Weg zur Revolution 1914-1918. (1)

Die Friedeneschlüsse im Osten 100 
nachher nicht. Wie sollte er dazu kommen, er, der in seinen amerikanischen 
Kampagnereden immer das Blaue vom Himmel versprochen, um, wenn 
einmal im Amte, das reine Gegenteil von dem Versprochenen zu tun? 
Er, der wiedergewählt worden war, weil man glaubte, er habe Amerika 
aus dem Kriege gehalten, und der dann prompt den Krieg erklärte; 
er, der alle seine Freunde verraten und seine Gönner, die für ihn Zeit 
und Geld geopfert hatten, mit Ausnahme Englands, betrogen! Er 
betrachtete die Vierzehn Punkte nur als Trommelfeuer, das er auf die 
deutsche Heimfront richtete und das leider besser, schneller und ver- 
heerender wirkte, als er sich in seinen kühnsten Träumen vorstellen 
konnte.“ — 
So schreibt heute, frei vom Druck der Kriegszensur, ein großer 
Teil der amerikanischen Presse. Als 1917 und 1918 deutsche, um ihr 
Vaterland besorgte Zeitungen und Politiker unserem Volke ähnliches 
zuriefen, wurden sie von den Erzbergerblättern und den Parteien der 
Linken als Kriegshetzer gebrandmarkt. Wie stets, glaubte die Masse 
der Deutschen dem Ausländer, ja dem Feinde, mehr als dem Volks- 
genossen. Wird es jemals anders werden? 
Die in den ersten Märztagen vollzogenen Friedensverträge mit 
Rußland und Finnland wurden von der sozialdemokratischen Presse mit 
Außerungen starken Unbehagens über Verlassen des Verständigungs- 
gedankens ausgenommen. Man sprach vom Bankerott der Kriegspolitik 
der sozialdemokratischen Mehrheit. „Sollten wir Kriegskredite bewilligen, 
damit deutsche Regimenter in Finnland — glorreiche Aufgaben — 
die Revolution niederschlagen können? Sollten wir um ein Linsengericht 
unsere Ehre, unsere Seele und unsere Zukunft verschachern, . Diese 
Kriegspolitik kann die Partei nicht mehr mitmachen. Diesem Frieden 
vermag sie nicht zuzustimmen. Neue Kredite darf sie nicht bewilligen.“ 
(„Fränkische Volksstimme“ 6. März.) Der „Vorwärts“ und andere 
Blätter sahen den Sturz der Bolschewiki als Folge des Friedensschlusses 
voraus und betonten hinsichtlich der deutschen Bedingungen: „Der 
Weg, der da beschritten worden ist, ist nicht der unsere.“ 
Die finmische Aktion 1) erweckte in der Sozialdemokratie große 
Beunruhigung, weil ihr, weit über die Kreise der Unabhängigen hinaus, 
ein „konterrevolutionärer“ Charakter beigelegt wurde. („Fränkische Tag- 
1) Näheres siehe: v. d. Goltz „Meine Sendung in Finnland und im Baltikum“ 
Leipzig 1920, K. F. Koehler).
	        
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