Full text: Erinnerungen an die Kriegsjahre im Königlich Preußischen Kriegsministerium. Erster Band. Der Weg zur Revolution 1914-1918. (1)

2. Flugblattpropaganda 153 
Volkes entbrannt. Es handelt sich um einen imperialistischen Krieg, 
um die kapitalistische Beherrschung des Weltmarktes, um die politische 
Beherrschung wichtiger Siedlungsgebiete für das Industrie-und Bank- 
kapital. Es handelt sich vom Gesichtspunkt des Wettrüstens um einen 
von der deutschen und österreichischen Kriegspartei gemeinsam im 
Dunkel des Halbabsolutiomus und der Geheimdiplomatie hervor- 
gerufenen Präventivkrieg. Es handelt sich auch um ein bona- 
partistisches Unternehmen zur Demoralisation und Zertrümmerung 
der anschwellenden Arbeiterbewegung. Das haben die verflossenen 
Monate trotz einer rücksichtslosen Verwirrungoregie mit steigender 
Deutlichkeit gelehrt. 
Die deutsche Parole „Gegen den Zaricmus“ diente — ähnlich 
der jetzigen englischen und französischen Parole „Gegen den Militaris- 
mus“ — dem Zweck, die edelsten Instinkte, die revolutionären Uber- 
lieferungen und Hoffnungen des Volkes für den Völkerhaß zu mobili- 
sieren. Deutschland, der Mitschuldige des Zarismus, das Muster 
politischer Rückständigkeit bis zum heutigen Tage, hat keinen Beruf 
zum Völkerbefreier. Die Befreiung des russischen wie des deutschen 
Volkes muß deren eigenes Werk sein. 
Der Krieg ist kein deutscher Verteidigungskrieg. Sein geschicht- 
licher Charakter und bisheriger Verlauf verbieten, einer kapitalistischen 
Regierung zu vertrauen, daß der Zweck, für den sie die Kredite fordert, 
die Verteidigung des Vaterlandes ist. 
Ein schleuniger, für keinen Teil demütigender Friede, ein Friede 
ohne Eroberungen ist zu fordern; alle Bemühungen dafür sind zu 
begrüßen. Nur die gleichzeitige dauernde Stärkung der auf einen 
solchen Frieden gerichteten Strömungen in allen kriegführenden Staa- 
ten kann dem blutigen Gemetzel vor der völligen Erschöpfung aller 
beteiligten Völker Einhalt gebieten. Nur ein auf dem Boden der 
internationalen Solidarität der Arbeiterklasse und der Freiheit aller 
Völker erwachsener Friede kann ein gesicherter sein. So gilt es für 
das Proletariat aller Länder, auch heute im Kriege gemeinsame 
sozialistische Arbeit für den Frieden zu leisten. 
Die Notstandskredite bewillige ich in der verlangten Höhe, die 
mir bei weitem nicht genügt. Nicht minder stimme ich allem zu, was 
das harte Los unserer Brüder im Felde, der Verwundeten und Kran- 
ken, denen mein unbegrenztes Mitleid gehört, irgend lindern kann;
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.