Unterirdische Literatur 17
schaft“, später „Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands“
bildeten.
Nach den schon früher fesigelegten Grundsätzen sah die neue Partei
ihre Hauptaufgabe in der Wiederherstellung der Internationale und
damit einer erneuten energischen Propaganda für den Frieden. Neben
den unausgesetzten Bemühungen, mit den radikalen Minderheiten der
feindlichen Sozialisten die Fühlung aufzunehmen und zu verstärken,
sollte der Pressearbeit im eigenen und neutralen Auslande (Schweiz)
erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt werden. Besonders an die Front
sandte man seit längerem systematisch Flugblätter, die sich neben den
international-politischen Zielen mit der Teuerung in der Heimat be-
schäftigten und beunruhigend und aufhetzend wirkten. So wurde über eine
am 30. November 1915 abends gegen 0 Uhr von einigen hundert Teil-
nehmern in Berlin Unter den Linden veranstaltete Friedenskundgebung,
die ohne Zwischenfall von der Polizei aufgelöst wurde, in einem an
der Front verbreiteten Flugblatt unter dem Titel „Hungerrevolte in
Berlin“ dahin berichtet, daß blutige Zusammenstöße mit Schutzleuten
zahlreiche Tote und Verwundete gekostet hätten.
„Lose Blätter“ von 16 Seiten in Briefformat, einzelne kleine
Merkblätter mit Aufstellungen über die deutschen Verluste, über die
Finanzlage usw. wanderten in Massen ins Feld. Kenner schätzten den
wöchentlichen Aufwand für diese Literatur auf wohl 10 doo bis 20 000 Mark.
Erwähnt sei hier noch ein Flugblatt „Hunger“’1), das von der
ausländischen Presse eingehend besprochen wurde, und über das der
sozialdemokratische hamburger Abg. Stolten sagte, wer sich zu der-
jenigen Opposition bekenne, die jene Flugblätter verbreite, sei kein
Parteigenosse mehr; „der schädigt nicht nur die Partei, sondern das
ganze Vaterland ...Wo unser Heer im schwersien Kampf auf allen
Fronten sieht, ist es unverantwortlich, ist es verbrecherisch, in solcher
Weise vorzugehen“.
Schon im September 1915 war bei einer Stuttgarter Konferenz
der Opposition festgestellt worden, daß von den deutschen Partei-
blättern ein gutes Drittel (allerdings wohl etwas weitgehend. D. Verf.)
auf radikalem Boden stände.
Im besonderen waren die Ziele der Partei zusammengefaßt in
einem Manifest, das auf der vom s. bis 3. September lols in
Hh Siehe Anhang, „Flugblattpropaganda“, Nr. 5.
Wrléberg.“ 2