Full text: Erinnerungen an die Kriegsjahre im Königlich Preußischen Kriegsministerium. Zweiter Band. Heer und Heimat 1914-1918. (2)

Frontreisen 0 
v. Hohenborn. Er entwickelte mir seine Forderungen betreffend Neu- 
formationen. In der Hauptsache handelte es sich um Aufstellung von 
fünf neuen Korps, die am 10. Dktober aufgestellt sein sollten. Ich 
suchte den Zeitpunkt hinauszuschieben, hatte aber keinen Erfolg. Es war 
eine wunderbare Voraussicht des Kriegsministers. Der Zeitpunkt hat 
sich nachher als der äußerste gezeigt. 
Einen Tag vor der Abreise versammelte General v. Falkenhayn 
die Offiziere und Beamten und verabschiedete sich von ihnen. Er sprach 
seinen Dank aus für das, was bisher geleistet war. 
Die erste Phase des Krieges, die Mobilmachung, in erster Linie 
das Werk des Kriegsministeriums, insbesondere des Allgemeinen Kriegs- 
departements, war erledigt. Der Aufmarsch, das Werk des General= 
stabes, insbesondere der Operations= und Eisenbahnabteilung, war im 
Gange. 
Was der Aufmarsch eines Millionenheeres bedeutete, ahnten die 
meisten nicht. Voll Ungeduld erwartete man den Vormarsch des ge- 
samten Heeres auf der Westfront. In dieser Zeit wurde ich viel durch 
Besuche von Leuten gestört, die unter irgendeinem Grund mich auf- 
suchten, in Wirklichkeit aber nur Neuigkeiten erfahren wollten. Sie 
kamen selten auf ihre Kosten. 
Im allgemeinen hatte ich mir vorgenommen, jeden, der mich 
sprechen wollte, zu empfangen. Ich habe dies auch, soweit es die Ge- 
schäfte während des Krieges zuließen, durchgeführt. Es hatte den 
großen Vorteil, daß ich auf diese Weise vieles erfuhr, was für mich 
zu wissen notwendig war. So waren die Besprechungen mit Offizieren, 
die von der Front kamen, von unschätzbarem Wert für mich. Ich lernte 
die kleinen Klagen der Truppen kennen und merkte, wo der Schuh 
drückte. Wußte man dies, so war die Abhilfe leicht. 
Um stets über die inneren Zustände des Feldheeres, über die 
Wünsche und Klagen der Truppe unterrichtet zu sein, hatte ich außerdem 
bei Truppenteilen und Behörden der einzelnen Armeen gute Freunde, 
die mich durch Briefe und Besuche auf dem Laufenden erhielten. 
Ferner pflegte ich während meiner Anwesenheit bei den Armee- 
Oberkommandos im Felde stets zu einer Truppe in vorderster Linie zu 
gehen, um mich persönlich zu orientieren. Gewöhnlich spielte sich dann 
die Sache so ab, daß ich einen tüchtigen Kompagnieführer abseits nahm 
und mich nun mit ihm unterhielt. Meist wollte er mit der Sprache
	        
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