Frontreisen 0
v. Hohenborn. Er entwickelte mir seine Forderungen betreffend Neu-
formationen. In der Hauptsache handelte es sich um Aufstellung von
fünf neuen Korps, die am 10. Dktober aufgestellt sein sollten. Ich
suchte den Zeitpunkt hinauszuschieben, hatte aber keinen Erfolg. Es war
eine wunderbare Voraussicht des Kriegsministers. Der Zeitpunkt hat
sich nachher als der äußerste gezeigt.
Einen Tag vor der Abreise versammelte General v. Falkenhayn
die Offiziere und Beamten und verabschiedete sich von ihnen. Er sprach
seinen Dank aus für das, was bisher geleistet war.
Die erste Phase des Krieges, die Mobilmachung, in erster Linie
das Werk des Kriegsministeriums, insbesondere des Allgemeinen Kriegs-
departements, war erledigt. Der Aufmarsch, das Werk des General=
stabes, insbesondere der Operations= und Eisenbahnabteilung, war im
Gange.
Was der Aufmarsch eines Millionenheeres bedeutete, ahnten die
meisten nicht. Voll Ungeduld erwartete man den Vormarsch des ge-
samten Heeres auf der Westfront. In dieser Zeit wurde ich viel durch
Besuche von Leuten gestört, die unter irgendeinem Grund mich auf-
suchten, in Wirklichkeit aber nur Neuigkeiten erfahren wollten. Sie
kamen selten auf ihre Kosten.
Im allgemeinen hatte ich mir vorgenommen, jeden, der mich
sprechen wollte, zu empfangen. Ich habe dies auch, soweit es die Ge-
schäfte während des Krieges zuließen, durchgeführt. Es hatte den
großen Vorteil, daß ich auf diese Weise vieles erfuhr, was für mich
zu wissen notwendig war. So waren die Besprechungen mit Offizieren,
die von der Front kamen, von unschätzbarem Wert für mich. Ich lernte
die kleinen Klagen der Truppen kennen und merkte, wo der Schuh
drückte. Wußte man dies, so war die Abhilfe leicht.
Um stets über die inneren Zustände des Feldheeres, über die
Wünsche und Klagen der Truppe unterrichtet zu sein, hatte ich außerdem
bei Truppenteilen und Behörden der einzelnen Armeen gute Freunde,
die mich durch Briefe und Besuche auf dem Laufenden erhielten.
Ferner pflegte ich während meiner Anwesenheit bei den Armee-
Oberkommandos im Felde stets zu einer Truppe in vorderster Linie zu
gehen, um mich persönlich zu orientieren. Gewöhnlich spielte sich dann
die Sache so ab, daß ich einen tüchtigen Kompagnieführer abseits nahm
und mich nun mit ihm unterhielt. Meist wollte er mit der Sprache