Full text: Erinnerungen an die Kriegsjahre im Königlich Preußischen Kriegsministerium. Zweiter Band. Heer und Heimat 1914-1918. (2)

Beförderung und Löhnung 201 
Jurücksetzungen, Protektion etc. gekommen, daß die Unzufriedenheit eher 
zu-, als abgenommen hätte. 
Eine Forderung der O. H.2. auf Anderung der Bestimmungen über 
Beförderungen ist an mich niemals ergangen, ich muß dies ganz be- 
sonders gegenüber anderen in die Welt gesetzten Behauptungen betonen. 
Wesentliche Erleichterungen der Beförderungobestimmungen fan- 
den für die Mannschaften mit der Berechtigung oder wissenschaftlichen 
Befähigung zum einjährig-freiwilligen Dienst statt. So konnten z. B. 
ehemalige Offizieraspiranten mobiler Truppen bei Geeignetheit Offiziere 
des Beurlaubtenstandes werden. Ferner wurden in den von mir bereits 
erwähnten Ubungskursen felddienstfähige Mannschaften mit der Be- 
fähigung zum Einjährigen, die in der Front gestanden und sich als 
Gruppen= oder Patrouillenführer bewährt hatten, und deren persönliche 
und häusliche Verhältnisse geordnet waren, als Zugführer ausgebildet. 
Die Kursusleiter hatten die Befugnis, die Kommandierten bis zum Vize- 
feldwebel zu befördern. Der Einreichung des Beförderungsvorschlages 
zum Offizier, bei dem über kleinliche Bedenken hinweggesehen werden 
sollte, da sich oftmals erst im Felde der Wert der Persönlichkeit zeigte, 
mußte eine Offizier-Wahl vorangehen. Hieran habe ich stetse festgehalten. 
Als 1915 vom Militär-Kabinett die Anweisung kam, wegen großen 
Abgangs die Offiziersaspiranten sofort als Offiziere, — also ohne 
Wahl durch die Standesgenossen — von den Kursen aus den Truppen- 
teilen zuzusenden, habe ich mich mit aller Macht dagegen gesträubt. 
Erst als das Telegramm kam: „Se. Majestät befiehlt. “ mußte ich 
meinen Widerstand schweren Herzens aufgeben. Ich sah die Folgen 
vorauc, die leider nicht ausblieben. Viele Elemente kamen dadurch in 
den Offizierstand, die ihm geschadet haben. Man wollte wieder einmal 
draußen alles besser wissen. 
Man hat Klage darüber geführt, daß die Offiziere zu jung und 
zu unerfahren gewesen seien, und daß sie daher mehr geschadet als 
genutzt hätten. Das trifft in mancher Beziehung zu. Aber auch hier 
darf man nicht verallgemeinern. Wohl mag den jungen Leuten manches 
gefehlt haben, besonders die Fähigkeit der Behandlung der meist älteren 
Untergebenen, eine Tatsache steht aber fest, nämlich, daß sie nach 
allen Berichten auf dem Schlachtfeld ihren Mann gestanden und durch 
ihr frisches jugendliches Drauflosgehen viel zum Erfolg beigetragen 
haben.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.